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■ Polenbesuch: Kanzler Schröder trifft in Warschau den richtigen TonEin guter Start

Der König ist tot, es lebe der König. So fix geht das in der Politik. Der neue Bundeskanzler wird natürlich Zeit brauchen, bis er außenpolitisch eine sichere Handschrift entwickelt, doch sein Besuch in Warschau war durchaus erfolgreich. Gerhard Schröder, zuvor eingeführt von Joschka Fischer, beeindruckte selbst die mißtrauischen Polen durch die Schnelligkeit, mit der er den Weg an die Weichsel fand, und durch seine diesmal unmißverständliche Sprache: Deutschland sei vital an der Aufnahme Polens in die EU interessiert, zumal Polen respektable wirtschaftliche und politische Erfolge vorweisen könne und regional ein Sicherheits- und Stabilitätsanker sei. Das hörte man gern in Warschau.

Meinungsunterschiede gibt es weiterhin: Die polnische Seite möchte einen genauen Zeitplan für eine rasche Aufnahme in die EU hören – als Ansporn wie auch als Riegel gegen die eigenen innenpolitischen Meckerer. Die deutsche Seite hält sich mit Terminkalendern eher bedeckt und stellt – wie auf dem Rechenschieber – mal das Jahr 2002, mal 2004, mal 2005 ein. Doch entscheidend war, daß Schröder, und das ist neu, auch den Polen versprach, auf die innere Reform der Union zu drängen, etwa in der Agrarpolitik, die eine Voraussetzung für die Agenda 2000 ist und den EU-Bauern sicherlich weh tun wird. Überzeugend war auch seine Logik, daß das „Unternehmen Erweiterung“ von den Bürgern der EU-Länder akzeptiert sein muß, damit es keinen Schiffbruch erleidet. Und dafür will Schröder sich in Deutschland nun einsetzen.

Es wird spannend werden in den deutsch-polnischen Beziehungen, da wir es mit einer „schiefen Partnerschaft“ zu tun haben. In Bonn regieren Rote und Grüne, in Polen die „Christsozialen“ der AWS (mit einem nationalen, europaskeptischen Flügel) und die Liberalen der UW, die zum Thatcherismus neigen. Schröder muß dabei einen Spagat aushalten, zumal die SPD inzwischen Kontakte zur postkommunistischen SLD unterhält und der linke polnische Staatspräsident sich auch außenpolitisch profiliert.

Gerhard Schröder hat diesen Spagat in Polen spielend ausgehalten. Entweder hat er schauspielerisches Talent, oder er ist ein geborener Moderator, der Gegenpole miteinander verbinden kann. Jedenfalls stimmte die Chemie auch in Warschau: sowohl rechts bei Ministerpräsident Jerzy Buzek als auch links beim Staatspräsidenten. Der Anfang war gelungen, jetzt kommen die berühmten Mühen der Ebene, diese hübschen, kleinen Fallgruben und Fallstricke auf dem Weg in eine gedeihliche deutsch-polnische Nachbarschaft in der EU. Adam Krzemiński

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