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Die neue Putzfrauen-Expansion

■ Kaum gegründet, expandiert die neue Dienstleistungsagentur Q-Rage: Jobchance „Hauswirtschafterin“ für arbeitslose Frauen

Die Haushaltshilfen von Q-Rage sind „wirklich recht anstellig“, schwärmt Rentnerin Irmtraut Bargemann (Name geändert) aus Schwachhausen. „Ordentlich“ und nicht so „unzuverlässig“ wie die Putzfrauen aus der Zeitung. Deshalb ordert die 73jährige jetzt immer bei Q-Rage – wie derzeit 60 andere KundInnen der neuen hauswirtschaftlichen Dienstleistungsagentur aus Bremen-Walle. Damit ist der Kundenkreis allein in vier Monaten um ganze 20 Haushalte angestiegen. Wegen der steigenden Nachfrage hat Q-Rage nun im Bremer Osten in Blockdiek seine zweite Dependance aufgemacht. „Wenn das weiter so boomt, wollen wir irgendwann in ganz Bremen vertreten sein“, sagt Q-Rage-Geschäftsführerin Karin Jahn.

Die Agentur Q-Rage ist in diesem Jahr als „zukunftsweisendes“ Qualifizierungsmodell für langzeitarbeitslose Frauen von der Bremer Fraueninitiative „Quirl“ aus der Taufe gehoben worden – mit 12 Frauen, die auf befristeten BSHG-19- sowie ABM-Stellen ihre Qualifizierung zur „Hauswirtschafterin“ begannen. Seitdem putzen sie in Privathaushalten und waschen die Wäsche anderer Leute – und sind dabei im Gegensatz zu den Putzfrauen auf dem Schwarzmarkt arbeits- und sozialrechtlich abgesichert und werden nach Tarif bezahlt. Das ist bislang nur möglich durch zahlreiche Förderungen von Arbeitsamt und Arbeitsressort. Denn noch kann sich die Agentur nicht durch eigene Einnahmen tragen.

Schließlich bietet Q-Rage seine Leistungen bislang bis zu zehn Mark teurer als auf dem schwarzen Markt an. Wer sich als Kunde zum Beispiel seine Zweizimmerwohnung reinigen lassen will, zahlt pro Einsatz rund 27 Mark. „Viele Kunden wollen aber trotzdem zu uns, weil wir zuverlässig und seriös erscheinen“, weiß die Geschäftsführerin Karin Jahn. „Wenn eine Frau krank ist, holen wir die Arbeit selbstverständlich nach.“ Das Angebot ist zudem sehr umfangreich: Vom Putzen bis zum Kochen reicht die Palette – bis hin zu Behörden- und Botengängen.

Doch nicht nur die Kunden sind zufrieden, auch die Q-Rage-Frau und Qualifizierungsteilnehmerin Christine Klett-Foelske sagt: „Ich bin froh, daß ich etwas für mich Passendes gefunden habe.“ Die 37jährige alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern lebte lange Jahre von der Sozialhilfe. Eine Ausbildung zur Schwesternhelferin, die sie nebenbei absolvierte, hatte nicht den gewünschten Erfolg gebracht: „Die neuen privaten Pflegedienste wollen fast nur examinierte Schwestern haben.“ Jetzt hofft sie, nach der Qualifizierung zur „Hauswirtschafterin“ bei Q-Rage einen langfristigen Job zu finden: „Ich kann ja auch noch draufsatteln und mich zur Hauswirtschaftsleiterin weiterbilden lassen“, sagt sie.

Probleme mit dem Putzjob hat sie nicht – auch wenn Q-Rage-Geschäftsführerin Karin Jahn beim Start des Projekts selber noch Vorbehalte hatte: „Ich habe zuerst gedacht: Kinder, Küche, Herd, das muß es doch nicht wieder sein.“ Aber dann hätte sie gemerkt: „Die Frauen, die zu uns kommen, sind lange arbeitslos gewesen. Sie trauen sich erstmal nichts zu, und deshalb ist solch ein Angebot als Einstieg gerade richtig.“

Tatsächlich haben sich einige der zwölf Frauen nach dem Lehrgang jetzt einen Schritt weiter gewagt: Sie stehen kurz vor einer Umschulung im Bürobereich. Zwei weitere werden wohl in anderen Hauswirtschaftsprojekten der Fraueninitiative „Quirl“ bleiben, und eine Frau kann bei Q-Rage direkt übernommen werden: „Das ist auch unser Ziel, irgendwann die meisten übernehmen zu können und so gesicherte Jobs im Hauswirtschaftsbereich“ zu schaffen, erklärt Geschäftsführerin Jahn.

Doch erstmal muß sich noch in der neuen rot-grünen Koalition in Bonn etwas tun: Die Frauen warten auf eine Gesetzesänderung – damit Privatleute die von Agenturen geleisteten Putzarbeiten auch von der Steuer absetzen können. Denn das war bislang nicht möglich. „Dann wäre der Weg für uns wirklich frei“, sagt Q-Rage-Geschäftsführerin Jahn. Schließlich ist der Markt für hauswirtschaftliche Dienstleistungen größer als jemals gedacht: Nach Schätzungen des Bremer Arbeitsressorts lassen in Bremen bis zu 15.000 Haushalte ihre Häuser von geringfügig beschäftigten Putzfrauen reinigen – die Zahlen aus dem schwarzen Putzmarkt sind da noch gar nicht eingerechnet. Aber bevor die Agentur Q-Rage irgendwann mal flächendeckend in Bremen ihre Arbeiten anbietet, will sie erstmal in Blockdieck mit ihrem neuen Angebot und den acht neuen Frauen ordentlich Fuß fassen. „Eigentlich sind wir ja noch in der Markterprobungsphase“, sagt Geschäftsführerin Jahn. kat

Die Dienstleistungsagentur Q-Rage ist in Walle unter Tel.: 39 42 09 und in Blockdiek in der Max-Säume-Straße 38 unter Tel.: 47 99 380 zu erreichen.

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