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KommentarKeine Strategie, aber viel Taktik

■ Saddam Hussein gibt vorerst nach

Er gilt als gewiefter Taktiker, aber lausiger Stratege. Doch Saddam Hussein hat gezeigt, daß beständige Taktiererei auch Strategie sein kann. Fast mühelos gelang es ihm, die einzig verbliebene Weltmacht in die Defensive zu drängen. Seit Ende des zweiten Golfkriegs provoziert Iraks Diktator beständig die USA. Dabei hilft ihm sein Talent, in letzter Minute überraschend nachzugeben, ohne dabei das Gesicht zu verlieren. Im Februar lockte er UN-Generalsekretär Kofi Annan nach Bagdad. Diesmal mochte der zwar nicht an den Tigris reisen, jedoch fand er vermittelnde Worte zugunsten Iraks.

Die USA stehen vor einem Dilemma: Präsident Clinton kann die am Golf aufmarschierte Streitmacht nicht einfach nach Hause holen, als sei nichts passiert. Aber Befehl zum Angriff geben kann er auch nicht, solange Annan und die Mehrheit der Sicherheitsratsmitglieder die Erklärungen aus Bagdad als positives Signal werten.

Durch den Trick, den Brief an die UNO mit einem diesem teilweise widersprechenden Anhang auszustatten, ist es Iraks Führung gelungen, einen Keil zwischen die USA und Großbritannien auf der einen Seite und die anderen Vetomächte China, Frankreich und Rußland auf der anderen zu treiben. In Bagdad versteht man es, die widersprechenden Interessen dieser Staaten zu nutzen. China, Frankreich und Rußland legen Wert auf eine von den USA unabhängige Nahostpolitik und hoffen auf lukrative Geschäfte nach der Aufhebung des Embargos gegen Irak.

In den USA setzt sich dagegen angesichts der beständigen Reizung der Wunsch durch, Saddam Hussein den Garaus zu machen. Kürzlich unterzeichnete Clinton ein „Irak Befreiungsgesetz“, und Außenministerin Albright erklärte, sie freue sich auf die Zusammenarbeit mit einem Regime „nach Saddam Hussein“. Doch wie soll dieses aussehen, und wer soll es einsetzen? Und wie soll das geschehen, wenn es Iraks Herrscher weiterhin gelingt, in letzter Not einflußreiche Mitglieder des UN-Sicherheitsrates für sich zu gewinnen? Auf diese Fragen hat man in Washington derzeit genausowenig Antworten wie nach dem Sieg über die irakischen Truppen im Frühjahr 1991. Clintons Regierung agiert nicht, sie reagiert – auf wohldosierte Provokationen aus Bagdad. Schon die Taktik der USA wirkt wenig überzeugend. Doch eine Strategie läßt sich nicht einmal erahnen. Thomas Dreger

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