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PKK-Chef günstig abzugeben

■ Italien will Abdullah Öcalan so schnell wie möglich nach Deutschland loswerden. Doch da mag ihn keiner haben. Human Rights Watch fordert einen Gerichtsprozeß gegen den Kurdenführer

Berlin (taz) – Italiens Regierung will PKK-Chef Abdullah Öcalan an Deutschland loswerden. „Italien erwartet eine konsequente Haltung Deutschlands“, sagte gestern Außenminister Lamberto Dini, denn: „Wir haben Öcalan auf Grundlage eines deutschen Haftbefehls festgenommen und nicht, um ihn in Italien zu behalten.“

Die Bundesregierung hatte am Wochenende erklärt, trotz eines von Generalbundesanwalt Kay Nehm ausgestellten erweiterten Haftbefehls vorerst keine Auslieferung Öcalans beantragen zu wollen. Die Erweiterungen betreffen eine Anschlagsserie von 1993. Damals hatten Kurden in Deutschland türkische Geschäfte, Banken, und Reisebüros abgefackelt.

Öcalan lebt derzeit in einer Wohnung am Stadtrand von Rom. Während sein Asylantrag geprüft wird, darf er die Stadt nicht verlassen. Die türkische Regierung verlangt die Auslieferung ihres Staatsfeindes Nummer eins. Doch italienische Gesetze verbieten die Überstellung von Personen an Staaten, in denen – wie in der Türkei der Fall – die Todesstrafe droht. Die türkische Regierung hat inzwischen italienische Rüstungsfirmen von lukrativen Ausschreibungen der Armee ausgeschlossen. Angesichts von Boykottdrohungen türkischer Unternehmen fürchtet Italiens Wirtschaft Ausfälle in Millionenhöhe.

In Ankara scheint sich inzwischen jedoch die Einsicht durchzusetzen, daß Öcalan nicht allzubald in Handschellen vor einem türkischen Richter auftreten wird. Justizminister Hasan Denizkurdu apellierte gestern an die italienische Regierung, den PKK-Chef nach Deutschland zu schicken, damit ihm wenigstens dort der Prozeß gemacht werde.

Angesichts dieser Aussichten sucht der einstige Marxist Öcalan geistlichen Beistand. Die italienische Zeitung La Republicca zitierte gestern aus einem Brief des PKK-Chefs an den Papst. Darin bittet er den katholischen Oberhirten um Unterstützung. Zugleich erinnert er daran, daß ein 1981 auf Johannes Paul II. verübtes Attentat auf das Konto türkischer Nationalisten und Militärs gegangen sei.

Empört über Öcalans Freilassung ist die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Jemand, der „verantwortlich für Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ sei, habe „keinen Anspruch auf Asyl“. Öcalan sei „für mindestens 768 extralegale Hinrichtungen verantwortlich“. Die Opfer waren „Beamte, Lehrer, politische Gegner, Soldaten und Polizisten außer Dienst und solche, die von der PKK für ,Unterstützer des Staates‘ gehalten wurden“. Dafür gehöre Öcalan vor Gericht gestellt – allerdings nicht in dem Folterstaat Türkei. Thomas Dreger

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