: Ein Anfang
Nicht zuletzt waren es wohl die Betroffenen aus den Initiativen, die diese längst überfällige Entscheidung mitbewirkt, um nicht zu sagen, Rot-Grün gemacht haben. Daß nach einem Jahr Verhandlung just an dem Tag die Entscheidung fiel, an dem die Arbeitsloseninitiative 2000 Hamburg im Rahmen eines Aktionsbündnisses genau zu diesem Thema zu einer öffentlichen Diskussion mit Parteien- und Behördenvertretern ins Curio-Haus lud, kann als Beleg dafür gelten. Gleichzeitig sollte wohl den Initiatoren des Forums für die viel weitergehende Forderung nach einem „Hamburg-Paß“ (der auch Ermäßigungen für öffentliche Einrichtungen wie Museen, Theater, Schwimmbäder etc. einschließt) der Wind aus den Segeln genommen werden.
Klar ist: Die HVV-Sozialkarte ist ein Schritt in die richtige Richtung, sie kann aber nur ein Anfang sein. Denn: Was ist mit denen, die viel zu wenig Rente oder Arbeits-einkommen bekommen? Was ist überhaupt mit allen, die an der Armutsgrenze leben? Warum wird nicht eine umfassende Sozialkarte, sprich ein „Hamburg-Paß“, eingeführt, um den bedürftigen Menschen endlich eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen?
Die jetzt beschlossene Karte ist (auch wenn sie begrüßenswerterweise billiger ist als zunächst vorgesehen) halbherzig und offensichtlich mit Schwachstellen behaftet. Denn daß die Kindermitnahme absolut unausgegoren ist (wie soll eine Familie in mehrere Richtungen mit einer Karte fahren können?), räumten auf der Veranstaltung selbst GALier Martin Schmidt und Wolfgang Baar von der SPD ein und gelobten Nachbesserung. Und warum mit dieser Karte wieder nicht vor 9 Uhr und zwischen 16 und 18 Uhr gefahren werden darf, bleibt das Geheimnis derer, die da verhandelten. Gerade die Sperrzeiten, für die es keinen nachvollziehbaren Grund gibt, sind jedoch das größte Hindernis bei Jobsuche (Bewerbungszwang!) und Meldepflicht (Arbeitsamt); sie sind auch diskriminierend.
Die Betroffenen werden also weiter für einen umfassenden und uneingeschränkten „Hamburg-Paß“ streiten, eine Monatsfahrkarte, die es andernorts längst gibt, nur in der reichsten Stadt Europas immer noch nicht. Darüber kann auch das ausgehandelte Ticket nicht hinwegtäuschen. Michael C. Doll
Arbeitsloseninitiative 2000
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