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Tabakschmuggel mit Mafiaverbindung aufgeflogen

■ Lindauer Zollfahndern gelingt bislang schwerster Schlag gegen Zigarettenschmugglerring. Ware aus Litauen in Deutschland verteilt, mit Gewinn Drogen- und Waffenkäufe finanziert

Lindau (taz) – Sechs Monate lang waren die Lindauer Zollfahnder in West- und Osteuropa in geheimer Mission unterwegs. Als eine Teilzahlung in Höhe von 120.000 Mark übergeben werden sollte, griffen die Fahnder gemeinsam mit einem Sondereinsatzkommando (SEK), zu. Innerhalb weniger Minuten wurden fünf mutmaßliche Täter, die sich in einer Autobahnrastätte bei Darmstadt getroffen hatten, überwältigt. Neben diesen fünf international gesuchten Zigarettenschmugglern konnte ein weiteres Bandenmitglied in Bayern und zwei Mittäter in Spanien verhaftet werden. Wegen noch laufender Ermittlungen wurden Details der Einsätze wie etwa der genaue Zeitpunkt nicht genannt.

Die deutsch-litauische Schmugglerbande war bestens organisiert, berichtete am Freitag bei einer Pressekonferenz in Lindau Hans-Jürgen Kolb, Oberstaatsanwalt der Augsburger Schwerpunktstaatsanwalt für Wirtschaftskriminalität. In großen Mengen seien Zigaretten aus der EU in Litauen zwischengelagert und als Schmuggelware wieder zurückgebracht worden in die Europäische Union. In Deutschland wurde die heiße Ware in Richtung Bielefeld, Hannover, Hamburg und Dortmund oder nach Baden-Württemberg und Bayern verschoben. „Ein gigantisches Geschäft“, wie der Chef der Lindauer Zollfahndung, Günther Herrmann meinte. Insgesamt würden in Deutschland jährlich Zigaretten im Wert von mehr als einer Milliarde Mark geschmuggelt, EU-weit entstünde gar ein Steuerschaden in Höhe von rund fünf Milliarden Mark.

Die Fahnder gehen aufgrund der Organisationsstrukturen davon aus, daß sie es mit der Russenmafia zu tun haben. „Es war unser bislang größter und auch bedeutendster Aufgriff in diesem Zusammenhang“, zumal man endlich auch einen Täter aus der Stabsebene, möglicherweise sogar darüber, geschnappt habe. Es gebe Hinweise darauf, daß mit den Schmuggelgeldern andere Verbrechen wie Drogenhandel im großen Stil, finanziert wurden. Die italienische Polizei habe konkrete Hinweise, daß mit den Schmuggelgeldern neue Zigaretten in großen Mengen, Heroin und Waffen erworben würden, berichtete Oberstaatsanwalt Kolb. Der 25köpfigen Tätergruppe, von der acht Mitglieder inzwischen in verschiedenen Gefängnissen einsitzen, könne man bislang fünfzehn bestens getarnte Schmuggelfahrten mit einem Gesamtwert von rund 10 Millionen Mark nachweisen. Haupttäter ist ein 33jähriger Litauer, „von Beruf Zigarettenschmuggler“, meinte ein Fahnder. Bei den beiden in Spanien festgenommenen Tätern handelt es sich um Deutsche, die wohl in Kürze an die Bundesrepublik ausgeliefert werden.

Die Festnahmen und die sichergestellten Unterlagen verschafften den Ermittlern den begehrten Einblick in Verteilerstrukturen bis hin zu den Endabnehmern. Die als Pilz- und Früchtetransporter getarnten Lkws waren jeweils mit in der EU hergestellten Markenzigaretten im Wert von etwa 600.000 Mark bestückt. Von Litauen wurden sie nach Deutschland gebracht. Hier wurden sie, so Siegfried Wittwer von der Fahndungsgruppe Lindau, auf Kleinlaster der Zwischenverteiler umgeladen, die sie an die Endabnehmer weiterleiteten. Über Mitarbeiter größerer Firmen und sogar in Sportheimen wurden die Schmuggelzigaretten verkauft. Jetzt drohen auch den kleinen Zwischenhändlern Steuerstrafverfahren. Klaus Wittmann

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