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„Verletztheit hat den Dialog behindert“

■ Zwei Jahre nach der Vorlage des Planwerks Innenstadt referierte Staatsekretär Stimmann über Denkanstöße und erste Kompromisse

Hans Stimmann fühlt sich mißverstanden, wenn es um das Planwerk Innenstadt geht. Besonders der Vorwurf des autoritären Vorgehens habe ihn „sehr verletzt“, betonte der Staatssekretär für Stadtentwicklung während der Veranstaltung „Denkanstöße“, zu der die TU Berlin und der Bund Deutscher Baumeister (BdB) am Dienstag abend geladen hatten. Gemeinsam mit dem Planwerk- Kritiker Harald Bodenschatz, einst Stimmann-Kollege als Assistent an der TU Berlin und heute dort Professor, war Stimmann aufgefordert, Positionen zum Planwerk auszutauschen.

Ein Schaukampf vor dem übervollen Architektur-Hörsaal wurde jedoch nicht geboten. Statt dessen eine sachliche Analyse des zweijährigen Planwerk-Prozesses, den Bodenschatz in enzyklopädischer Vollständigkeit untersuchte. Auf Fragen nach den Ursachen der Unzufriedenheit mit der bestehenden Stadt oder nach dem Verhältnis von staatlicher Planung und privater Entwicklung der Stadträume antwortete Stimmann gewohnt provozierend und polarisierend. Den Kritikern bescheinigte er, inzwischen viel gelernt zu haben. Eine Planung aus West-Sicht habe er keineswegs vorgelegt. Architekten aus dem Westen, nicht aber Stadt- oder Landschaftsplaner seien mit der Planwerks-Erarbeitung beauftragt worden, weil er nicht nach Quote, sondern nach Kompetenz ausgewählt habe.

Trotz der Kontroverse um die Rolle der Stadtplanung will Stimmann weiter durch Ergänzungen auf historische Strukturen hinweisen, wo die geschichtslose Moderne den Städtebau quasi neu zu erfinden versuchte. Es ist diese Abwesenheit von Zukunft, die am Planwerk irritiert. Zwar distanziert sich Stimmann von seinem Kontrahenten, Verkehrs- und Bausenator Klemann (CDU), der sich „ein historisierendes Hotel Adlon und dahinter die Autobahn zum Einfamilienhaus“ wünsche. Aber auch im Planwerk wird jede Idee als Reminiszenz an die vormoderne Stadtgeschichte begründet.

Über andere Aspekte der Planwerks-Arbeit wurde inzwischen neu nachgedacht. So gibt Stimmann heute zu, daß die anfängliche Nicht-Einbeziehung von Planern aus dem Osten der Stadt ein „taktischer Fehler“ war. „Deren Verletztheit hat den Dialog“ behindert. Offen bleibt allerdings, welche politische Bedeutung das Planwerk hat. Über die veränderte Verkehrsplanung als Voraussetzung für Straßenrückbau konnte sich der Senat bisher nicht einigen. Unentschieden ist zudem die Frage, ob der Senat die Eigentumsbildung am Stadtrand oder in der Innenstadt fördern will. Während sich Stimmann vom „Modell Vorstadt“ verabschiedet hat, setzt die Bauverwaltung weiterhin auf geförderte Eigenheime an der Peripherie. Die Kritik von Harald Bodenschatz an derlei kontraproduktiver Konkurrenz blieb unbeantwortet.

Am Rande der Veranstaltung war aber zu erfahren, daß zumindest einzelne Kompromisse in Sicht sind. Auf die überdimensionale Gertraudenbrücke, die Verlängerung der Leipziger Straße in Mitte, wolle die Bauverwaltung inzwischen verzichten. Der Rückbau dieser Verkehrsstraße zu einer Stadtstraße wird nun möglich. Ein erstes Ergebnis der Planwerks-Arbeit, das im Januar als einstimmige, wenn auch unkonkret formulierte Senatsvorlage das Abgeordnetenhaus erreichen soll. Weil dann der Wahlkampf 1999 beginnt, hofft Stimmann auf Unterstützung des Planwerks durch SPD und Bündnisgrüne. Thies Schröder

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