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Plutonium ist überall in der Luft

■ Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt hat seit Tschernobyl eine signifikante Menge von Plutonium gemessen und sagt: Die Elbmarsch-Staubproben fallen nicht aus dem Rahmen

Im Staub auf unseren Dachböden lagert sich radioaktives Plutonium an: Diese Nachricht machte vor einigen Wochen bundesweit Schlagzeilen. Kommt das in der Elbmarsch vom Atomkraftwerk Krümmel, wie die Bremer Physikerin Inge Schmitz-Feuerhake gesagt hat? Oder kommt es aus den früheren Atomtest-Versuchen, wie ihr Laborleiter, der Physiker Dr. Gerald Kirchner, dagegen setzte? Das für die Reaktorsicherheit von Krümmel zuständige Ministerium in Kiel wartet bis heute auf eine Stellungnahme der Bremer Physikerin und will eigene Messungen in Auftrag geben.

Der Fall ist keinen Streit wert, sagt jetzt die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig. Die PTB mißt seit 30 Jahren Luftproben auf Radioaktivität. Sie nimmt „bodennahe“ Luftproben, in denen vor allem der vom Boden aufgewirbelte Staub zu finden ist. Dabei fanden die Physiker das natürliche Plutonium – aber seit 1986 geht die Kurve steil hoch: „Das heute in der Umwelt meßbare Plutonium stammt fast ausschließlich aus künstlichen Quellen: weltweit von früher in der Atmosphäre durchgeführten Kernwaffenversuchen und regional zum Beispiel von Satellitenabstürzen oder aus Unfällen in kerntechnischen Anlagen, etwa aus Tschernobyl.“

Seit dem Tschernobyl-Unglück gibt es ein von der Bundesregierung finanziertes Meßprogramm mit dem Namen „IMIS“, das gezielt in „den für die menschliche Nahrungskette bedeutsamen Umweltbereichen“ forscht. Die PTB ist daran im Bereich der „bodennahen Luft“ beteiligt. Im Unglücks-Jahr 1986 stiegen die gemessenen Radioaktivitäts-Werte um das 50zigfache der vorher üblichen Werte an. Und die Menge des in der Luft meßbaren Plutoniums entspricht in der Größenordnung dem, was man auch in entsprechenden Bodenproben findet: „Das Plutonium im Luftstaub der letzten 14 Jahre stammt überwiegend aus dem Reaktorunfall von Tschernobyl ...“.

Das Plutonium-Isotop „238“ ist für die Physiker dabei ein Zeichen dafür, ob die Radioaktivität überwiegend aus Atomwaffenversuchen (wenig „238“) oder aus AKWs kommt – nach Tschernobyl stieg die „238“-Konzentration in der Luft eben sprunghaft an. Das Fazit: „Die bekannt gewordenen Daten aus der Analyse von Staubproben aus den Elbmarschen sind bezüglich der Plutonium-Isotope 238 und 239+240 mit den Messungen der PTB in Braunschweig und Berlin verträglich.“

Für den Bremer Laborleiter und Physiker Gerald Kirchner eine klare Sache: „Im Regenwasser oder auf dem lange unberührten Dachboden eines Hauses, das 1986 gebaut worden ist, müßte der Anteil von Pu-238 größer sein“. Die Staubproben, die er für das Feuerhake-Projekt untersuchen sollte, waren ausdrücklich aus Häusern aus den 50er Jahren entnommen worden und enthielten daher mehr Plutonium-Spuren, die auch auf die Atomtests hinweisen.

Wie wirkt sich die gemessene radioaktive Belastung auf die menschliche Gesundheit aus? Die PTB mißt eine den Proben aus der Elbmarsch vergleichbare Grundbelastung überall, etwa in Braunschweig oder in Berlin. „Jedes Kind, das im Matsch spielt“, setze sich dieser Belastung aus, sagt Kirchner. An der Rate der Krebstoten hat diese Belastung einen sehr kleinen Anteil, aber sie hat eben auch einen. „Eine Hinterlassenschaft unserer Zivilisation, der man nicht entkommen kann“, sagt Kirchner. K.W.

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