: Eine neue Nummer zwei am Raucherhimmel
Der Tabakkonzern BAT will mit dem Konkurrenten Rothmans fusionieren. Nachhaltige Einsparungen sind geplant angesichts von Milliardenklagen und des drohenden Werbeverbots in der EU und anderswo ■ Von Reiner Metzger
Nun wird auch die Tabakbranche durch eine Großfusion aufgescheucht: Die British American Tobacco (BAT) geht mit der Rothmans-Gruppe zusammen. Damit verschmelzen die bisherige Nummer zwei und Nummer vier des Weltzigarettenmarkts. Mit mehr als 900 Milliarden Zigaretten pro Jahr werden sie 16 Prozent aller Zigaretten unter die Leute bringen. Die Aktienkurse der Branche stiegen allgemein, weil bei eventuellen weitern Fusionen sicher auch hübsche Prämien zu holen sind.
BAT führt weltweit mehr als 240 Marken. In Deutschland sind vor allem HB, Lucky Strikes, Gauloises Blondes und Benson & Hedges bekannt. Rothmans verdient sein Geld mit Dunhill, Peter Stuyvesant, Winfield, Lord Extra oder Pall Mall. Hierzulande verkauft BAT derzeit etwa 18 Prozent der Zigaretten, Rothmans knapp sechs. Chef am Automaten wird weiterhin Philip Morris bleiben, die mit Marlboro und anderen Glimmstengeln über 41 Prozent des deutschen Marktes abräumen.
Bekanntgegeben hat den BAT- Deal gestern die südafrikanische Compagnie Financière Richemont. Richemont gehören zwei Drittel von Rothmans. Das andere Drittel liegt ebenfalls in Südafrika, und zwar bei der Rembrandt Group Limited. Die beiden werden mit BAT eine gemeinsame Holding gründen, ihnen wird 35 Prozent der neuen Firma gehören. In Afrika, Lateinamerika und Asien wird sie Marktführer sein.
Der Aktienwert des neuen Tabakkonzerns wird bei 13 Milliarden Pfund liegen, knapp 36 Milliarden Mark. Das ist nicht schlecht, und BAT-Chef Martin Broughton will ja auch „das führende internationale Tabakunternehmen“ werden, sagte er gestern. Bis dahin hat er aber weltweit noch einen weiten Weg vor sich – an Philip Morris vorbei. Dieser Nahrungs- und Tabakkonzern aus den USA ist an der Börse mehr als 170 Milliarden Mark wert.
So wird denn auch bei der neuen Firma das Kostensenken im Vordergrund stehen. Nachdem die Fusionswehen überwunden sind, will die neue BAT jedes Jahr 250 Millionen Pfund einsparen. Das scheint auch nötig, denn die Zigarettenindustrie kämpft weltweit nicht nur mit Überkapazitäten in den Werken. Auch ihre teuren Anwaltskanzleien sind weit mehr beschäftigt, als den Bossen lieb ist: Allem voran geht die spektakuläre Einigung mit vierzig US-Bundesstaaten vom Jahr 1997. Darin verpflichten sich die großen Tabakkonzerne der Vereinigten Staaten – darunter auch Rothmans und die US-Tochter der BAT, Brown & Williamson – in den nächsten 25 Jahren 500 Milliarden Dollar zu zahlen. Im Gegenzug verzichten die Regierungen auf Schadenersatzklagen für die Kosten der Raucherkrankheiten.
Die Einigung wird allein die amerikanische BAT-Tochter etwa 750 Millionen Dollar kosten. Trotzdem können Privatpersonen weiter klagen. So unterlag Brown & Williamson 1998 in Florida den Angehörigen eines Rauchers. Der Mann hatte Zigaretten der Firma geraucht und war an Lungenkrebs gestorben. Das Gericht verurteilte die Firma zu 1,2 Millionen Dollar Entschädigung und Strafe. Die Berufung läuft.
Zu allem Überfluß gilt es für die Konzerne auch, gegen drastische Einschränkungen der Werbung für Tabakprodukte anzugehen – nicht nur in den USA. Auch die EU hat die Werbung für Tabakprodukte in allen Medien und auf Plakaten untersagt. Ab Oktober 2006 wird außer bei einigen Sport- und Musikveranstaltungen mit Übergangsfristen nur noch an Kiosken und in Tabakläden das lässige Model mit der Fluppe im Mund zu sehen sein. Auch hier laufen die Klagen. Schließlich sterben zwar eine halbe Million EU-Bürger jährlich an den Folgen des Tabakkonsums – doch die wirtschaftliche Bedeutung der Branche und ihres Sponsoring gilt es doch auch zu berücksichtigen, so die Argumentation.
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