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Privates, Öffentliches etc.Abfall, Trennung

■ Rainald Goetz schreibt nichts mehr in sein Internettagebuch. 60 Zeilen Licht – und aus

Kein Abfall mehr für niemanden. Das ist die schmerzhafte Nachricht des Tages. „60 Zeilen Licht“ konzedierte Kollege Fricke. Wir mußten Platz freischaufeln für die Annoncierung des Endes von Rainald Goetz' www/worldwideweb diary „Abfall für alle“. Man hatte Neujahr damit gerechnet, doch dann ging's weiter wie immer – dachte man. Und jetzt der Schock. Und ein wenig Zahlenmystik. 7.7.7 steht unter der Überschrift „Abfalls letzter Tag Abfall forever“! Die Zahlen entstammen dem Text-Navigationssystem.

Das Faszinierende war, daß man jeden Tag dabei war, wenn es mit bewundernswerter Disziplin fortgeschrieben wurde. Man hatte selbst noch gar nicht über den vergangenen Tag nachgedacht, da waren seine öffentlichen (Einführung des Euro, Ende des talkenden Aust) und seine mehr oder minder privaten Vorfälle schon kommentierter Abfall. Tatsächlich war der Abfall ja eher minder privat. Kein Einblick ins Goetzsche Leben. Sex zum Beispiel kam nicht vor. Es ging um Arbeit. Dieses ewige „an Dekonspiratione“, es ging um Lektüre. Beobachtungen, die einen dann besonders angriffen, wenn man selbst gerade anläßlich eines Plakates darüber gerätselt hatte, ob und wieviel rechte Absicht ein Konzert von ausgerechnet Beethovens Neunter und „Carmina Burana“ verfolgt. Und schon las man „Klassik für Prolls, ...der Zucker von Botho Strauß“ in Goetzens Abfall.

„Es muß einen geben, der das verächtliche Neue in strategischer Absicht überschätzt“, schreibt Stephan Wackwitz über den Autor im Januarheft des Merkur. Darauf soll hier noch verwiesen werden, auch wenn der Netztext als das verächtliche Neue (noch) nicht in Betracht gezogen wird (es geht um „Rave“). Doch nun heißt es sich kurz fassen. „2036. Worum geht's denn? Es geht um den Abschied, das fällt mir jetzt schwer, das nimmt mich so mit. Dankbarkeit und Aufwühlung, und tränengeschüttelt sitze ich hier, das geht doch zu weit, und ist dann doch wieder vielleicht ganz okay, andererseits.“ Brigitte Werneburg

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