■ Querspalte: Ausländische Mitbürger, bayerisch
Jo mei, hat Michael Glos doch das neue Jahr „unter ausländischen Mitbürgern begangen“. Hätte man dem CSU-Landesgruppenchef echt nicht zugetraut. Politisches Signal der Milde zwischen den Jahren? Entdeckung der Political Correctness in weißblauen Landen?
„Ich war in Österreich zum Skifahren“, grenzt der Mann mit dem Appeal eines Fleischhauers das Gebiet seiner Jahreswendfeier geographisch ein. So, so, bei den Schanis war er also. Bei den Mitbürgern, den ausländisch-älpischen.
Gut, daß es die servilen Ösi-Kauze gibt. Da kann sich der Urbayer mal so richtig vom Polit-Intrigenstadl erholen. Zwei Meter Schnee und a leiwands Dirndl an der Seitn. Das geht ab.
Ja, in der Ostmark ist es schön. Togo weg, Deutsch-Südwest- Afrika und Ostafrika auch, gut daß dem bayerischen Volk wenigstens noch a bisserl Lebensraum im Süden geblieben ist. Und ein Besuch im Kolonialreich des kleinen Nachbarn muß ab und an sein. Nachschauen, ob die Dinge zum besten stehen, die Ösis auch untertänigst an den deutschen Sahibs Dienst leisten und die Mädels weiterhin schön propper durch die Berge schreiten.
Buana Glos dürfte bei seinen Kontrollfahrten auf Skiern bei den Eingeborenen nicht immer auf Zustimmung stoßen. „Depperter, schiacher Piefke“, hört man Revoluzzer hinter vorgehaltener Hand raunen.
Es ist ein alter Grabenkampf. Der Österreicher und seine verstaubte, hinterfotzige Grandezza hie. Da der Bayer, der heimlich immer noch an den Satz glaubt, er sei der Übergang vom Österreicher zum Menschen.
„Narzißmus der kleinen Differenzen“, meint Freud zum Thema. Von einer „Gegnersymbiose“ wissen heutige Epigonen des Wieners. Man haßt sich, kommt aber vom anderen nicht los. Warum auch? Schließlich weiß man „die bequeme, relativ harmlose Befriedigung der Aggressionsneigung“, wie Sigmund sagt, zu schätzen. Ski Heil! Markus Völker
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen