piwik no script img

Ressourcen ganz flexibel gelinkt

■ Knatsch um Flüchtlingskinderbetreuung auf Neumühlener Wohnschiffen Von Kai von Appen

„Es sah nach einem Selbstgänger aus“, so Gisela Schnelle von der „Kinder- und Jugendetage“ Ottensen. Das Projekt hatte sich dafür stark gemacht, Personal für die Betreuung bosnischer Flüchtlingskinder auf den Neumühlener Wohnschiffen abzustellen. Doch jetzt blockt ihrer Meinung nach der Jugendhilfeausschuß des Bezirks Altona ab. Grund: Vielleicht könnten ja Sozial- oder Jugendbehörde die Finanzierung übernehmen.

1992 richtete die Kinderhilfsorganisation „terre des hommes“ für die Wohnschiffe ein Kinderprojekt ein, um den bosnischen Flüchtlings-Kids das trostlose Leben am Elbufer ein wenig zu versüßen. Sie nahm damit der Stadt staatliche Aufgaben ab. Inzwischen ist das Programm vielfältig, es gibt diverse Veranstaltungsangebote wie Schwimmen im Bismarckbad, Sport in einer Schulturnhalle und eine Mädchengruppe, die Veranstaltungen besucht. 30.000 Mark mußte „terre des hommes“ jährlich aus Spendengeldern aufbringen, um die Honorarkräfte und die Angebote zu finanzieren.

„Da der Betreuungsbedarf hier dringender ist als bei den inzwischen weitgehend integrierten türkischen Migrantenkindern in Ottensen“, so Gisela Schnelle, sei bei den MitarbeiterInnen der Jugendetage die Idee entstanden, eineinhalb der dreieinhalb finanzierten Stellen dem Neumühlener Projekt zur Verfügung zu stellen. Schnelle: „Im Bezirksjugendamt fand man diesen Vorschlag zunächst ganz toll als Beispiel flexiblerer Ressourcen-Lenkung.“ Das Konzept, das die Jugendetage dafür erarbeitete, wurde jedoch kürzlich im Jugendhilfeausschuß des Bezirks vertagt. Die Betreuung der Flüchtlingsschiffe, so das Argument, sei Aufgabe der Sozialbehörde, nicht des Bezirks.

„Unbegreiflich“, empört sich Gisela Schnelle. Denn die bosnischen Kids würden den Alltag in Ottensen verbringen. Sie gingen dort zur Schule, die Eltern arbeiteten im Viertel und die Schiffe lägen nun mal in Altona. Und schließlich sei das „Modellprojekt“ ausdrücklich dem Bezirk Altona zugeordnet worden.

Altonas Jugendamtsleiterin Christiane Geng hält die Vorwürfe für völlig aus der Luft gegriffen. Die Entscheidung sei nicht aus inhaltlichen Gründen vertagt worden. Geng: „Wenn etwas längerfristig finanziert werden muß, muß doch vorher eine grundsätzliche Aufklärung erfolgen.“ Schließlich sei ein völlig neues Konzept für die Jugendetage vorgestellt worden.

Daher finde zur Zeit ein Abklärungsprozeß zwischen Sozialbehörde, Jugendbehörde und dem Altonaer Jugendamt statt. Christiane Geng: „Schließlich ist es ein städtisches Problem. Die Kinder leben ja nur anfangs in Altona.“ Bereits auf der nächsten Sitzung könne das Konzept verabschiedet werden. Geng: „Es ist Tagesordnungspunkt eins und hat erste Priorität.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen