: Der Sexappeal halb gefrorener Fischstäbchen Von Ralf Sotscheck
Auch die feuchteste Hand findet mal ein Knie. Prinz Edward, jüngster Sproß der englischen Queen, wird noch in diesem Jahr seine Verlobte Sophie Rhys-Jones heiraten.
Nation und Klatschpresse nahmen die Ankündigung gähnend zur Kenntnis. Schließlich ist es bereits der vierte Versuch eines Königinnenkindes. Edwards drei ältere Geschwister haben gescheiterte Ehen hinter sich. Diesmal soll alles anders werden. Es wird eine Feier im kleinen Kreis auf Schloß Windsor geben, aber der König von Tonga wird auch diesmal wieder eingeladen. Bestimmt wird auch Tony Blair dabei sein. Sie seien ein schönes Paar, verkündete der Premierminister neulich, und er sei sich sicher, daß sie „sehr glücklich zusammen sein werden“. Andererseits hat die derzeitige Labour-Krise einen gewissen Mangel an Urteilsvermögen bei ihm aufgezeigt.
Das Paar will nach der Hochzeit weiter arbeiten, erklärte Edward stolz, als ob es bei anderen Leuten üblich sei, nach der Heirat auf Rente zu gehen. Beide haben eher durchschnittliche Berufserfolge aufzuweisen. Rhys-Jones war früher Werbeagentin für Mr. Blobby, die britische Kultur-Ikone der 90er Jahre: eine lebensgroße Puppe aus rosa Latex. Seit ein paar Jahren arbeitet sie freiberuflich.
Edward, der an fünfter Stelle in der Thronfolge steht, ist ein erfolgloser Geschäftsmann. Nachdem er 1987 seine Ausbildung zum Marineoffizier abgebrochen hatte, produzierte er die Fernsehserie „It's A Royal Knockout“, die fast noch peinlicher war als die Eskapaden seines großen Bruders, des Thronfolgers. Edwards Produktionsfirma ging zu Recht pleite und hinterließ 1,5 Millionen Mark Schulden. Für sein neues Unternehmen suchte er sich vorsichtshalber finanzkräftige Partner: den Sultan von Brunei, reichster Mann der Welt, und Tom Farmer, den Vorsitzenden der Auspuffkette Kwik Fit. Das war auch nötig: Bis Ende vorigen Jahres hatte die Produktionsfirma mehr als vier Millionen Mark Verluste angehäuft. Edward reagierte, indem er sein eigenes Gehalt um 20 Prozent erhöhte. Jetzt bekommt er gut 300.000 Mark – neben der Apanage, die ihm Mutti zusteckt.
1999 komme der Durchbruch für seine Firma, prophezeit Edward. Den Titel „Seine königliche Hoheit“ hat er bescheiden abgelegt. „Nennt mich einfach Edward Windsor“, riet er seinen Mitarbeitern und seiner Verlobten. Die Feministin Julie Burchill konstatierte, das Pärchen strahle „soviel sexuelle Leidenschaft aus wie zwei halb gefrorene Fischstäbchen“.
Verschiedene Boulevardzeitungen versuchen, Rhys-Jones zu einer neuen Lady Di aufzubauen, doch Burchill hält sie höchstens für eine „Kaufhaus-Diana“. Die echte Lady Di habe sich oft über die Schwägerin in spe lustig gemacht, behauptet Madame Vasso, geschwätzige Wahrsagerin von Sarah Ferguson, geschiedene Windsor. So stehen Rhys-Jones harte Zeiten bevor. Bei den beiden ehemaligen Windsor-Gattinnen warteten die Medien wenigstens bis nach der Hochzeit, bevor sie mit den Lästereien anfingen. Womöglich sei die Hochzeit nur ein Reklametrick, um Edwards Firma auf die Beine zu helfen, vermutet Burchill. Und während der Zeremonie stürmt Mr. Blobby in die Kirche und entführt die Braut, wie einst Dustin Hoffman in der „Reifeprüfung“.
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