piwik no script img

Albert HefeleHerr Hefele kriegt zwei Minuten

■ Box nicht gegen Tyson, lieber Axel! Oder willst du zum Scholz werden?

Warum es Leute gibt, die Boxer werden wollen, ist ein ziemliches Rätsel. Was liegt schon drin? Sicher erhoffen kann man sich ein mehrfach gebrochenes Nasenbein und Blumenkohl-Ohren. Reich werden die wenigsten, und selbst die, die reich geworden sind, gucken ziemlich ratlos aus der Wäsche nach dem Ende der handgreiflichen Karriere.

Spaß beiseite und ernst: Es gibt schon ein paar Gründe, auf Boxer zu lernen.

Grund 1: „Ich versuche, meinem sozialen Milieu zu entfliehen.“ Heißt: Hat nichts zu verlieren und versucht über das Verteilen von Maulschellen wenigstens ein paar Mark zu verdienen.

Grund 2: „Ich möchte meine Grenzen kennenlernen.“ Das sind die, die sich vor Angst in die Hosen machen, wenn ihnen jemand Maulschellen androht, und die was dagegen tun wollen.

Grund 3: „Boxen ist gesund.“ Denen gab der Papa oder – in der guten alten Zone – der zuständige Blockwart (hießen die so in der Zone?) den Befehl: Du bist für dein Alter zu mickrig. Du mußt boxen, dann wirst du groß und stark.

Axel Schulz gehört vermutlich in die dritte Kategorie. Doch, doch. Schauen Sie ihn sich doch einmal an, den sanften Riesen. Den großen, dicken Bub, mit den viel zu freundlichen Augen. Immer die Stirn in grüblerische Falten gelegt, mühsam um ein zuversichtliches Mienenspiel ringend, so grade noch ein schiefes Grienen aufrechterhaltend, wenn sie ihn wieder mal ins Fernsehen zerren. Klar ist Boxen kein Spaß, und es geht sogar hin und wieder um Leben und Tod beziehungsweise um das Vermeiden einer später dräuenden Matschbirne. Trotzdem strahlen einige seiner Kollegen manchmal so etwas wie ein stilles Vergnügen an ihrer Profession aus.

Axel Schulz nicht. Unser Axel tut nicht gern, was er tun muß. Selten einen Kämpfer so unfroh hinter den dicken Handschuhen hervorlugen sehen. Es bereitet ihm sichtlich Kummer, wenn andere auf ihn einprügeln und er zurückprügeln muß. Axel Schulz ist ein harmoniesüchtiger Mensch. Sogar wenn er wider Erwarten jemand verhauen hat, ist das kein Grund zum Feiern. Das einzige, was Axel Schulz nach dem Kampf ausstrahlt, ist Erleichterung: endlich Feierabend. Dann geht er heim und schlüpft in die molligen Puschen und spielt mit seiner Frau Mikado. Vermutlich.

Das ist kein Vorwurf. Axel, ich mag dich! Wirklich! Man ist schließlich selbst eine sanfte Natur. Schelte ist trotzdem am Platze, weil kaum, daß der wirklich grimmige Tyson Botha-Baby umgehauen hat, muß Axel, der den Angstschweiß auf der Stirn hat, wie folgt in die Kamera sprechen: „Für einen Sportler ist eine solche Chance eine Herausforderung, die er annehmen muß.“

Chance? Nun mal langsam. Welche Chance? Obwohl Tyson lange im Knast war und viel von seiner Gnadenlosigkeit verloren hat, ist er immer noch doppelt so bösartig und dreimal so schlagstark, wie du – lieber Axel – es jemals sein wirst.

Der dreht dich durch den Fleischwolf. Der walzt dich nieder, der knotet dich in die Seile. Willst du das? Einen Teint wie eine frühreife Zwetschge? Möchtest du es Kollege Botha gleichtun und durch den Ring torkeln wie eine lausig geführte Marionette? Muß doch nicht sein. Du bist ein ganz brauchbarer Schwergewichtler und ein netter Kerl, laß es einfach dabei bewenden.

Und hör nicht auf die Ohrenbläser, die da etwas raunen von wegen „gutem Omen“, weil der Kampf am 24. April in Las Vegas steigen soll. Wo du doch seinerzeit gegen den – unter uns gesagt – steinalten Foreman so super ausgesehen hättest und eigentlich... bla, bla, bla usw. usf.

Tu es nicht. Meide Mike Tyson. Nach einem Kampf gegen diesen Pitbull siehst du garantiert nicht mehr gut aus. Und du weißt es genau. Ein Tip: Scheiß auf deine Boxerehre und sei am 24. einfach krank. Englische Grippe mit Gliederschmerzen, oder Mandeln. In fünf Jahren bist du so oder so vergessen. Dann bist du froh, dir diese Prügel erspart zu haben. Denk dran: nicht nur in phonetischer Hinsicht – der Weg von Axel Schulz zu Bubi Scholz ist gar nicht so weit!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen