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Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Alice & Martin Frankreich 1998, R: André Téchiné, D: Juliette Binoche, Alexi Loret

„Es scheint Juliette Binoches Schicksal zu sein, leidende Männer zu heilen. In „Der englische Patient“ kümmerte sie sich um Ralph Fiennes und erhielt für ihre Pflegetätigkeit einen Oscar. Ihr erster Film nach dieser Auszeichnung zeigt sie wieder in einer Rolle, in der sie einen Mann, diemal 15 Jahre jünger als sie, bemuttern kann. Es ist schön, wenn Menschen Verständnis für die Sorgen ihrer Nächsten aufbringen. Ziemlich unerfreulich ist es, mitansehen zu müssen, daß sich stets die Frauen aufopfern. Französische Regisseure wie André Téchiné sehen das offenbar ganz anders, doch ihre überholte Sicht nervt.“ (Cinema) Europa

Antz USA 1998, R: Eric Darnell, Tim Johnson

„Die Arbeiter-Ameise Z-4195 sehnt sich nach Individualität im durchorganisierten Ameisenstaat und nach der Liebe der Prinzessin Bala. Sein Freund ist der treue Ameisenmuskelprotz Weaver, sein Feind der totalitäre General Mandible. Rasant, spannend, liebeswert und intelligent. Mainstream, der zufrieden macht, ohne zu unterfordern.“ (tip) CinemaxX, Schauburg (OV), Ufa-Palast (OV), Solitaire (WST)

Ausnahmezustand USA 1998, R: Edward Zwick, D: Denzel Washington, Bruce Willis

"Islamische Terroristen zünden Bomben im Allerheiligsten Amerikas: in Schulen, einem Broadway-Theater und dem Hauptquartier des FBI in New York. Da wird nicht lange gefackelt. FBI-Agent Anthony Hubbard (brilliant: Denzel Washington) exekutiert nur Einzeltäter; General Devereaux (humorlos: Bruce Willis), sein Armee-Konkurrent bei der Bekämpfung der Staatsfeinde, pfercht gleich alle Moslems von Manhattan in Internierungslager. Bigottes Propagandawerk.“ (Der Spiegel) CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Lichtspielhaus (DEL), Wallkinos (Ol)

B

The Big Lebowski USA 1998, R: Joel Coen, D: Jeff Bridges, John Goodman

Oblomov trifft hier auf Philip Marlowe, und man muß schon die irrrwitzige Fantasie der Coen-Brothers haben, um den größten Faulpelz der Literaturgeschichte mit Raymond Chandlers gebrochen romantischen Privatdetektiv in einer Figur zu vereinen. Jeff Lebowski ist „der trägste Mensch von Los Angeles“: Der ewige Hippie schlürft ständig bekifft und in Boxershorts durch den Film. Ausgerechnet dieser Antiheld wird nun in eine äußerst komplizierte Entführungsgeschichte verwickelt. (hip) Filmstudio

Bin ich schön? Deutschland 1998, R: Doris Dörrie, D: Senta Berger, Gottfried John, Dietmar Schönherr, Franka Potente

„In ihrem filmischen Schicksalsreigen schickt Doris Dörrie die Créme der deutschen Darstellerzunft auf die Suche nach Liebe, Glück und Vertrauen - in einer Vielzahl von Erzählsträngen und Episoden, die sich wie Kurzgeschichten aneinandereihen und schließlich zu einem Ganzen bündeln. Immer wieder zieht die Dörrie mit Momentaufnahmen in den Bann, die unverstellt und ehrlich vom Leben erzählen.“ (Bremer) Filmstudio, Muwi (Ol)

Blade USA 1998, R: Stephen Norrington, D: Wesley Snipes, Kris Kristofferson

„Blade, ein Mensch-Vampir-Hybrid, wurde von Whistler, einem Vampirjäger, darauf abgerichtet, die Kreaturen der Nacht zu töten, deren Aktivitäten immer tollkühner und organisierter werden. Blades Gegenspieler, ein Vampir namens Frost, hofft, die etablierte Vampir-Aristokratie zu stürzen, indem er eine Serie von apokalyptischen Geschehnissen auslöst – die von Vampirpropheten vorhergesagt wurden und die dazu führen sollen, daß die Vampire die Menschheit beherrschen. Man sagt oft, daß die Filme heute wie Comics wirken, aber wie oft stimmt das wirklich? Im Fall von „Blade“ – der auf einem Marvel-Comic basiert – kann ich erfreut berichten, daß all die gespenstischen Farben, phantasmagorischen Bilder, rücksichtlose Action, byzantinischen Intrigen und sublimierten Homoerotismen, die das Comic-Genre auszeichnen, hier in liebevollen Details glänzen.“ (Sight and Sound) Engl. OF mit Untertiteln: CinemaxX

C

Das Capitol Deutschland 1992, R: Trevor Peters

„Erzählt wird die Geschichte des „Capitol“-Kinos in Schwerin von seiner Eröffnung 1936 über die DDR-Zeit, den Mauerfall bis 1991.“ (Kommunalkino) Kino 46

Central Station Brasilien/Frankreich 1997, R: Walter Salles, D: Fernanda Montenegro, Vinicius de Oliveira

"Mit Gott folge ich meinem Schicksal“ steht auf dem Schild an einem Lastwagen, mit dem die ehemalige Lehrerin Dora und der neunjährige Josué durch Brasilien reisen. Sie sind auf der Suche nach Josués Vater, doch diese Schicksalsgemeinschaft ist keineswegs harmonisch. Dora, die sich ihren Lebensunterhalt mit Briefeschreiben am Hauptbahnhof von Rio verdient, hatte für Josués Mutter einen Brief an ihren Mann verfaßt. Minuten später stirbt diese bei einem Unfall. Josué hat niemanden mehr außer Dora; und die nimmt sich, zunächst nur widerwillig, seiner an. Ein wunderschönes, poetisches Roadmovie mit erfrischendem Witz und zwei Hauptdarstellern, die man nicht sofort, doch dann um so inniger ins Herz schließt.“ (TV-Spielfilm) City, Apollo (WHV) (Ol)

Der Club der toten Dichter USA 1989, R: Peter Weir, D: Robin Williams, Ethan Hawke

„Robin Williams gibt eine erstaunlich einfühlsame Vorstellung als ein eifriger, hingebungsvoller Lehrer in den späten 50er Jahren. Der Film ist ein gutes Beispiel für konservative Handwerkskunst: er konzentiert sich auf das Offensichtliche und verwandelt sich selbst in einen Klassiker - komplett mit goldener Schleife.“ (Pauline Kael) CinemaxX

D

Drei Haselnüsse für ein Aschenbrödel CSSR/DDR 1973, R: Václav Vorlícek, D: Libuse Safranáková, Rolf Hoppe

„Die tschechoslowakische Variante des bekannten Märchens: Aschenbrödel nimmt hier nicht alles hin, sondern den Kampf gegen die Ungerechtigkeit auf - mit List, Witz und drei Zaubernüssen. Ein erfrischend frecher und witziger Film; nach wie vor die beste Verfilmung des Stoffes.“ (Lexikon des internationalen Films) UFA-Palast

23 Deutschland 1998, R: Hans-Christian Schmid, D: August Diehl, Fabian Busch, Dieter Landuris

„Die USA führten auf dem Bikini-Atoll 23 Atomtests durch. Unbekannte erschossen Schwedens Premierminister Olaf Palme um 23.23 Uhr. Zufall? Der Schüler Karl Koch sieht in der Zahl 23 den Schlüssel zu einer Weltverschwörung, wie sie Robert Anton Wilson in seinem Buch „Illuminatus!“ beschreibt. Allein aus dieser Theorie kann sich der 19jährige das Chaos erklären, das ihn 1986 umgibt: Terror, Kalter Krieg, atomare Bedrohung. Ein kleiner Computer hilft bei der Suche nach der Wahrheit. Karl klingt sich in fremde Rechner ein, bekämpft die Müdigkeit mit Drogen und spinnt seine Verschwörungstheorie weiter. Hans-Christian Schmid macht das Wunder wahr: Sein auf Tatsachen beruhender Film ist ein deutscher Thriller, der fesselt, zum Nachdenken anregt und das Zeitgefühl der 80er Jahre widerspiegelt. Zudem bringt er den stärksten Neuzugang des deutschen Kinos auf die Leinwand: den Berliner August Diehl. Er verkörpert den „echten“ Karl Koch, der 1989 auf ungeklärte Weise starb - mit 23 Jahren, am 23 . Mai.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, Casablanca (Ol)

E

Eine zweite Chance USA 1998, R: Forest Whitacker, D: Sandra Bullock, Harry Connick Jr.

„Das tränenreiche Platzen einer amerikanischen Seifenblase: Texas Beauty Birdee Pruitt (verquolen: Sandra Bullock) liebt den Footballstar ihrer High-School. Es folgen Ehe, Großstadtleben, Tochter, Seitensprünge des Gatten – ausgerechnet mit Birdees bester Freundin. Die beichtet die Affäre zeitgemäß in einer TV-Talkshow. Waidwund flieht die betrogene Birdee zu ihrer Mutter (kauzig: Gena Rowland) in den Heimatort Smithville. Ihr Unglück wirkt hier wie ein Jungbrunnen: ehemalige Schulfreundinnen erfreuen sich Birdees Erniedrigungen und die Großmutter betätigt sich als Kupplerin. Nur der Tischler Justin (drall: Harry Connick Jr.) wirbt unbeirrbar um seine Jugendliebe. Regisseur Forest Whitacker wiederholt in diesem Rührwerk seine flauschige Botschaft aus „Waiting to Exhale“: Eine Frau muß nur kräftig durchatmen, und schon kommt ihr Cowboy angeritten.“ (Der Spiegel) CinemaxX, UT-Kino, Ziegelhofkino (Ol)

Elizabeth Großbritannien 1998, R: Shekhar Kapur, D: Cate Blanchett, Christopher Eccleston, Geoffrey Rush, Fanny Ardant

In England wetzen die Besserwisser schon die Messer, um dem Regisseur Shekhar Kapur all die historischen Fehler seines Films über die „jungfräuliche Königin“ Elisabeth I vorzuhalten. Dabei hatten die Produzenten ihn ja gerade darum engagiert, weil er als Inder nicht den Bildungsballast mit sich herumschleppte, der einen britischen Regisseur niedergedrückt hätte. „Sie wollten einen ignoranten und chaotischen Regisseur“, so Kapur souverän kokett in Venedig. Und der hat ihnen nun ein wundersames Stück Kino hingesetzt: Spannend wie ein Thriller, grandios ausgestattet und mit einer feinen Balance zwischen blutigen Hofintrigen und dem psychologisch tiefen Portrait einer Frau, die dazu gezwungen wird, Macht auszuüben, und dafür ihre Identität und ihr Glück opfern muß. Cate Blanchett verkörpert die Königin wunderbar intensiv und vielschichtig: zugleich dünnhäutig, energiegeladen und später eiskalt. Dies ist alles andere als ein Kostümschinken. (hip) Filmstudio, Passage (Del), Muwi (Ol)

Erklärt Pereira Italien/Frankreich 1995, R: Roberto Faenza, D: Marcello Mastroianni

„Lissabon unter der Salazar-Diktatur Ende der dreißiger Jahre: Der Kulturredakteur Pereira ist der bürgerlich-unpolitische Intellektuelle schlechthin, doch die Begegnung mit einem jungen Regimefeind läßt ihn zum Widerstandskämpfer werden. Aus dem berühmten Buch von Antonio Tabucchi ist ein allzu literarisch-betulicher Film geworden, den jedoch Marcello Mastroianni in seiner vorletzten Rolle mit wärmender Melancholie erfüllt.“ (Der Spiegel) City, Casablanca (Ol)

Ever After - A Cinderella Story USA 1998, R: Andy Tennant, D: Drew Barrymore, Anjelica Huston, Dougray Scott / Originalfassung ohne Untertitel

Originaltitel und -fassung von „Auf immer und ewig“. Kurzkritik siehe dort UFA-Palast

Die Ewigkeit und ein Tag Griechenland 1998, R: Theo Angelopoulos, D: Bruno Ganz, Isabelle Renauld

"Auch der jüngste Film von Angelopoulos, der dieses Jahr in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde, spielt in den herben, verschlossenen Landschaften Nordgriechenlands, wo noch über den sonnigen Tagen eine Stimmung des Abschiednehmens liegt. Er handelt von einem Mann, der nicht mehr lang zu leben hat und nun, vor dem Eintritt ins Spital, seine letzten Angelegenheiten ordnet. Bruno Ganz verkörpert in einer sehr dichten, geschlossenen Leistung diesen todkranken Schriftsteller, dem in der Rückschau auf sein unerfülltes Leben Bilder seiner Ehe und aus seiner Jugend aufsteigen und der plötzlich neue Energien schöpft aus der Begegnung mit einem Albanerjungen, der illegal ins Land gekommen ist.“ (Neue Zürcher Zeitung) Kino 46 (leider schon ausverkauft!)

F

Das Fest Dänemark 1997, R: Thomas Vinterberg, D: Ulrich Thomsen, Thomas Bo Larsen

Thomas Vinterbergs „Das Fest“ steht in einer lange Reihe von Romanen, Theaterstücken und Filmen, bei denen eine Familienfeier im Mittelpunkt steht, auf der schön langsam und dramatisch die schlimme Wahrheit über eine Familie ans Licht kommt. Aber so radikal wie hier wurde ein Clan selten seziert. Da beschuldigt ein Sohn seinen Vater bei der Glückwunschrede zu dessen 60. Geburtstag, ihn und die Schwester in ihrer Kindheit sexuell mißbraucht, und sie damit in den Selbstmord getrieben zu haben. All das zeigt uns Vinterberg in wackeligen, ausschließlich mit der Handkamera gedrehten Bildern, denn „Festen“ wurde nach dem „Dogma 95“ produziert. Vier dänische Regisseure, darunter auch Lars von Trier, haben einen „Schwur der Keuschheit“ abgelegt, und einander versprochen, Filme nur noch nach einem festen Regelwerk zu inszenieren.(hip) Gondel, Casablanca (Ol), Cinema: auch Original m. Untertiteln

Flucht aus dem Kino „Freiheit“ Polen 1990, R: Wojciech Marczewski, D: Janusz Gajos / Originalfassung mit Untertiteln

The Purple Rose of Polen: „Im Kino „Freiheit“ ereignen sich unerhörte Dinge: Die Schauspieler beschweren sich über das Drehbuch und diskutieren mit den Zuschauern. Eine Regierungskommision versucht zu schlichten, schließlich steigt der Zensor selbst durch die Leinwand und wird mit denen konfrontiert, die er traktiert hat.“ (Kommunalkino) Kino 46

From Dusk Till Dawn USA 1995, R: Robert Rodriguez, D: Quentin Tarantino, Georg Clooney, Harvey Keitel

Für seinen Soulbrother Rodriguez holte Tarantino sein allererstes Skript aus der Schublade, überarbeitete es und spielte zu allem Überfluß auch noch eine der Hauptrollen, so daß man unmöglich sagen kann, wer von den beiden für welchen Blutfleck verantwortlich ist. Auch wenn Rodriguez noch so rasant schneidet, verliert man in der zweiten, mexikanisch-vampiristischen Hälfte des Films schnell die Übersicht und das Interesse daran, wer schon untot ist und wer noch ungebissen auf alle anderen eindrischt. (hip) Filmstudio

The Full Monty Großbritannien 1997, R: Peter Cattaneo, D: Robert Carlyle, Mark Addy / Originalfassung ohne Untertitel

„An aminable light comedy about six unemployed British steelworkers who mount an allmale strip show for cash. The script, by Simon Beaufoy, is clean and well developed. Each character is given his bit to do, and when the motley crew comes together the actors all work wonderfully with one another, finding a sexy, warm performance rhythm as they gyrate to some classic seventies disco. Two of the actors - Mark Addy, who plays an overweight, insecure worker, and Robert Carlyle, as the ringleader - are sensational.“ (New Yorker) Kultursaal der Angestelltenkammer

G

Gentlemen Prefer Blondes USA 1953, R: Howard Hawks, D: Marilyn Monroe, Jane Russell, Charles Coburn / Originalfassung ohne Untertitel

„Während Hawks' Abenteuerfilme auch in dramatischsten Situationen noch komische Momente aufweisen, sind die Komödien meist bitterböse: Jaques Rivette und Francois Truffaut haben in Texten zu Hawks' Filmen nahezu unisono erklärt, daß sie über „Gentlemen Prefer Blondes“ nicht lachen können, weil „einem das Lachen im Halse stecken bleibt, das Vergnügen verwandelt sich in Peinlichkeit“. So ist es bei Hawks: Die Figuren seiner Komödien stolpern von einer Erniedrigung zur nächsten, wobei die Erwachsenen ziemlich infantil daherkommen. Dorothy (Jane Russell) wird zur Nymphomanin, wenn sie, umringt von Sportlern in fleischfarbenen Slips “Is anyone here for love?“ singt, und Lorelei (Monroe) versteckt ein Diadem so hinter ihrem Rücken, daß es, wie Truffaut meint „aussieht, als kröne sie damit ihr Arbeitsinstrument“. Umgeben sind die beiden ausschließlich von Nullen. Da gibt es eine Horde hirnloser Muskelprotze, einen dämlichen Millionär, der von seinem Vater gegängelt wird, einen Sugar Daddy mit dem bezeichnenden Spitznamen „Piggy“ und ein frühreifes Kind. Hawks' Komödien entwerfen keine Utopien, bieten nichts Versöhnliches, er war schlicht der scharfsinnigste und grausamste Regisseur diese Genres.“ (taz) Kino 46

Guess Who's Coming To Diner USA 1967, R: Stanley Kramer, D: Spencer Tracy, Katharine Hepburn, Sidney Poitier / Originalfassung ohne Untertitel

„One can hardly complain about the performance when Tracy und Hepburn combine as the leads, but Kramer's well-meaning comedy-drama about racism - a liberal couple suffer a few doubts when their daugther brings home the black sho intends to marry - is a leaden and stilted affair, wrecked by the cautious move of making the groom-to-be singulary good-looking, respectable (he's a doctor) and well-to-do. A wishy-washy, sanctimonious plea for tolerance, directed with Kramer's customary verbosity and stodginess.“ (Time Out) Kultursaal der Angestelltnkammer

H

Hamam – Das türkische Bad Italien/Türkei/Spanien 1997, R: Ferzan Ozpetek, D: Alessandro Gasman, Francesca D'Aloja

„Ein römischer Architekt erbt von seiner Tante einen Hamam, ein türkisches Bad, und fährt, um ihn zu verkaufen, nach Istanbul. Angezogen von Stimmung und Menschen, bleibt er und restauriert den Haman. Seine Frau reist ihm nach und findet ihren Mann verändert vor. Das Erstlingswerk eines italienisch-türkischen Regisseurs weist zwar formale Mängel auf und endet klischeehaft tragisch. Doch erzählt es atmosphärisch dicht von einer Selbstfindung dank Sinnlichkeit und kreativer Langsamkeit orientalischer Lebensweise.“ (Zoom) Cinema

Hellzapoppin USA 1941, R: H.C. Potter, D: Ole Olsen, Chick Johnson, Martha Reye

„So viele Gags und haarsträubende Verdrehungen der Realität hat man selten im Kino zu sehen bekommen. Dies ist ein Film, dessen Chaos derart alle Grenzen überschreitet, daß man ihn an die Seite der besten Marx-Brothers-Grotesken stellen kann. Er taumelt in furiosem Tempo durch eine Film-im-Film-Geschichte, die nachzuerzählen schon deshalb unmöglich ist, weil sie nur von einer einzigen Logik getragen wird, von der Logik des Chaotischen. Potter treibt ein atemberaubendes Spiel mit den verschiedensten Ebenen der Zeit und des Ortes; er zieht einem konsequent den Boden unter den Füßen weg, was allerdings nicht zu Irritationen, sondern zu brausendem Gelächter führt.“ (Berliner Tagespiegel) Kino 46

I

Der Indianer im Küchenschrank USA 1995, R: Frank Oz, D: Hal Scardino, Litefoot

„Wer glaubt, Regisseur Frank Oz will mit diesem Film mehr bieten als beeindruckenden Effektzauber, der sieht sich enttäuscht. Vielleicht mangelt es am Thema - ein Neunjähriger kann mit Hilfe eines mysteriösen alten Küchenschranks seine zentimentergroßen Plastikfiguren zum Leben erwecken - aber auch schlichtweg an Komplexität, über die etwa ein Genreklasiker wie „The Incredible Shrinking Man“ verfügt.“ (epd-film) Filmstudio

J

Jackie Brown USA 1998, R: Quentin Tarantino, D: Pam Gier, Samuel L. Jackson, Robert De Niro

„Was machen Kult-Filmer nach ihrem Mega-Hit? Sie backen bewußt erstmal kleinere Bröttchen. Auch Trendmeister Tarantino entgeht der Versuchung, „Pulp Fiction“ krampfhaft zu überbieten. Statt dessen kocht er auf Sparflamme. Ein kleiner Krimi von Elmore Leonard (“Schnappt Shorty“), in dem eine pfiffige schwarze Stewardeß fürs FBI einen Waffenhändler überführen soll. Die spielfreudigen Akteure und der schmalzige 70er-Jahre-Soundtrack machen Quentins Krimi-Tango zum unterhaltsamen Kinovergnügen – ganz ohne Kult-Getue.“ (Bremer) Filmstudio

K

Das Kino geht ins Kino USA/Deutschland 1912/13, R: D.W. Griffith u.a., D: Mack Senntett, Roscoe Arbuckle u.a. / Stummfilme mit live Musikbegleitung

„Eine Führung durch geheime Kinoerlebnisse im frühen Film mit Sabine Lenk von der Universität Utrecht.“ (Kommunalkino) Kino 46

L

The Last Picture Show USA 1971, R: Peter Bogdanovich, D: Jeff Bridges, Cybill Shepherd / Originalfassung ohne Untertitel

1951 wird in dem öden texanischen Provinzstädtchen Anarene das letzte Kino geschlossen. Um diese „Last Picture Show“ herum erzählt der Film in ruhigen Schwarzweiß-Bildern von einer Gruppe Jugendlicher, die ihre ersten Erfahrungen mit der Sexualität machen und der Langeweile des Ortes entrinnen wollen. Der erste Film des jungen kinobegeisterten Bogdanovich ist eindeutig eine Hommage an John Ford und Orson Welles. Aber der Regisseur mag auch seine Filmfiguren und es ist ihm wichtig, von ihnen zu erzählen. Deshalb stimmt alles in diesem Film aus den frühen 70er Jahren: der wehmütige Sonny, der Draufgänger Duane und die eisige Blondine Jacy sind noch genauso frisch und lebendig wie vor über zwanzig Jahren. (hip) Kino 46

Das Leben ist schön Italien 1998, R: Roberto Benigni, D: Roberto Benigni, Nicoletta Braschi

„In seinem vieldiskutierten (und -prämierten) Film spielt Benigni einen lebenslustigen jüdischen Buchhändler, der nach einigen Jahren glücklichen Familienlebens mit seinem vierjährigen Sohn in ein deutsches Vernichtungslager gebracht wird, in das ihm seine junge Frau aus freien Stücken nachfolgt. Der Vater, der sein Kind im Lager verstecken kann, redet diesem ein, das Ganze sei nur ein großangelegtes Spiel, bei dem der Gewinner mit einem richtigen Panzer belohnt werde. Benignis melancholische Clownerien und das vorzügliche Spiel aller Beteiligten machen dieses ebenso bewegende wie burleske Lagermärchen zu einer hintergründigen Tragikomödie.“ (Neue Zürcher Zeitung) Atlantis, Gondel, Casablanca (Ol)

Les Misérables USA 1998, R: Bille August, D: Liam Neeson, Geoffey Rush, Uma Thurman

„Les Misérables von Victor Hugo gehört zu jenen volkstümlichen Wälzern aus der guten alten Zeit, die immer mal wieder für eine Neuverfilmung gut sind, weil sie in Wahrheit längst niemand mehr liest. Diesmal, auf bekömmliche zwei Kinostunden gerafft, hat der Däne Bille August das große Rührstück von Schuld, Reue, Rache und Gerechtigkeit an tschechischen Drehorten in Szene gesetzt. Der Australier Geoffrey Rush und der Ire Liam Neeson spielen Jäger und Gejagten, die Amerikanerinnen Uma Thurman ud Claire Danes repräsentieren die leidensfähige Weiblichkeit, und so ist aus dem Ganzem ein Pudding geworden, wie er im Buche steht.“ (Der Spiegel) UT-Kinocenter

Liebe deine Nächste Deutschland 1998, R: Detlev Buck, D: Lea Mornar, Moritz Bleibtreu, Heike Makatsch

„Buck is back. Der komische Coole aus dem Norden widmet sich nach den Knackis aus der „Männerpension“ nun der Heilsarmee. Genauer: Zwei Soldatinnen, die in die Großstadt versetzt werden, um dort unter den Obdachlosen gute Taten zu verrichten. Wer jedoch lakonischen Humor à la „Karniggels“ oder ein verschrobenes Figurenkabinett wie in „Wir können auch anders“ erwartet, der wird gnadenlos enttäuscht. Die Helden im jüngsten Buck sind allesamt Karikaturen aus der Klischeekiste: der miese Macho, die verschreckten Ossis, die willfährigen Frauen, die guten Penner, die bösen Yuppies. Mit derart holzschnittartigen Akteuren kann sich keine prickelnde Psychologie entwickeln. Alles bleibt platt, banal und langweilig. Das hat der Meister wohl auch selbst bemerkt, und so versucht er mit aufdringlichen Werbebildchen dem Zuschauer Goldstaub in die Augen zu streuen. Doch der videoclippige „Flashdance“-Stil verträgt sich nicht mit der altbackenen Oliver-Twist-Geschichte und verkommt zum manierierten MTV-Firlefanz der nervigen Art.“ (Bremer) Schauburg

M

Mädchen an die Macht! USA/Kanada 1998, R: Sarah Kernochan, D: Kirstin Dunst, Gavy Hoffmann

„Stellt Euch vor, wir müßten täglich unsere Haare waschen, nur um immer gut auszusehen!“ Diese entsetzliche Vorstellung könnte für die Schülerinnen von Miss Godards Internat für etwas betuchtere Töchter Wirklichkeit werden: Die Anstalt soll mit einem Jungs-Internat fusionieren. Nicht, daß die Mädels etwas gegen die Jungs hätten - aber sie ahnen, was kommt, wenn sie mit ihnen das Klassenzimmer teilen sollen. An der Schule erlebt das übliche Teeniekomödien-Personal - die Streberin, die Aufreißerin, die verfressene Dicke, die Sensible, die notorische Rebellin - alle gängigen Pubertätsabenteuer. Dabei verbreitet das gutgelaunte Ensemble aber soviel Spielfreude, daß der Durchschnitt um einiges überschritten wird.“ (TV-Spielfilm) Cinemaxx, UFA-Palast

Mémoire des apparences Frankreich 1986, R: Raúl Ruiz

„Ein Mann betritt ein Kino, das mehrere Filme nacheinander zeigt. Er schläft ein, er wacht wieder auf und das mehrmals hintereinander. Er sieht und träumt einen Film, der erzählt, das Leben sei ein Traum.“ (Kommunalkino) Kino 46

Mulan USA 1998, R: Barry Cook, Tony Bancroft

„Mulan ist der seit langem gelungenste Zeichentrickfilm von Disney. Die Chefzeichner mixten ihre moderne Comicstrip-Kunst mit klassischer chinesischer Malerei, was man besonders besonders an den Landschaftsentwürfen sehen kann, und bei den großen Schlachtszenen werden gar Erinnerungen an die Epen des jüngst verstorbenen Akira Kurosawa wach. Die Figuren und Kostüme sind asiatischen Vorbildern nachempfunden, Mulans Gesicht etwa entspricht mit zierlichen Zügen und Kirschmund dem chinesischen Schönheitsideal. Sie ist Disneys erste Heldin, die nicht aussieht wie Barbie.“ (Cinema) CinemaxX, Ufa-Palast, UT-Kino, Wall-Kino (Ol), Solitaire (Westerstede), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

My Name is Joe Großbritannien 1998, R: Ken Loach, D: Peter Mullan, Louise Goodall

Das Beste an dieser Fußballmannschaft sind noch die Namen auf den Trikots: Müller, Overath, Netzer – die einst so glorreiche deutsche Nationalmannschaft kann in der schottischen Bezirksliga kein Spiel gewinnen. Kein Wunder, denn statt in den deutschen 70ern spielt „My Name is Joe“ in den schottischen 90ern, und der Franz Beckenbauer dieses Films ist ein glatzköpfiger Dicker, der unbeholfen über das Spielfeld kullert. Einige Arbeitslose aus dem ärmsten Stadtteil von Glasgow spielen hier in der schlechtesten Fußballmannschaft Schottlands, und man muß schon ein feiner Kerl sein, wenn man solche eine Mannschaft trainiert. Wenn Joe Kavanagh in den ersten Minuten des Films nichts anderes macht, als sich mit seinen Jungs herumzuärgern, dann hat Ken Loach ihn uns so schnell und nachdrücklich ans Herz gelegt, daß wir ihm für den Rest des Films feste die Daumen drücken.“ (hip) City

P

Pauls Reise Deutschland 1998, R: René Heisig, D: Peter Lohmeyer, Niccolo Casagrande

„Ein Brummi rollt nach Madrid. Am Steuer sitzt Michael, frischgebackener Transport-Unternehmer, der mit dieser Kühlschrank-Lieferung seine Schulden begleichen will. Da niest es hinter ihm, und sein Sohn Paul kriecht aus dem Versteck. Der hat seine Leukämie überstanden, doch die Ehe der Eltern ist darüber zerbrochen. Und noch immer hat Michael sein Versprechen nicht eingelöst: mit Paul ans Meer zu fahren. Madrid liegt nicht am Meer. Aber wenigstens weit im Süden. “ (epd-film) CinemaxX

Der Pferdeflüsterer USA 1998, R: Robert Redford, D: Robert Redford, Kristin Scott Thomas

Die Romanvorlage von Nicolas Evans ist bereits ein Bestseller, und einige enthusiasmierte Leserinnen aus meinem Bekanntenkreis warten schon seit Monaten sehnsüchtig auf den Film. Für solch ein Publikum kann der Film gar nicht lang genug sein, aber seltsamerweise stört man sich auch als unvorbelasteter Zuschauer nicht an seinen 159 Minuten. Redford hat ein genaues Gefühl dafür, wie er den Kitsch, der hier natürlich bei jedem Pferdeschnauben droht, im Zaume halten kann. Dies ist ein Taschentuchfilm – keine Frage –, aber der Herzschmerz wird so geschickt, klug und geschmackvoll präsentiert, daß man/frau sich der feuchten Augen nicht zu schämen braucht.“ (hip) UT-Kino

Ponette Frankreich 1996, R: Jacques Doillon, D: Victoire Twivisol, Marie Trintignant

„Die fünfjährige Ponette stellt die Abwesenheit in Abrede – den Tod der Mutter. Die Beharrlichkeit, mit der sich die Kleine weigert, die unwiderrufliche Leere zu akzeptieren, hat geradezu existentielle Größe. Ponette kämpft: Gegen die albernen Jesusgeschichten der Tante, gegen das Unverständnis des Vaters und gegen die eigene Trauer. Dabei stellt sich die Kindlichkeit der Fünfjährigen vor das Pathos der sogenannten letzten Dinge, während der Ernst der Dialoge den Film vor pittoreskem Kinderkitsch bewahrt. (tip) Cinema, Casablanca (Ol)

Der Prinz von Ägypten USA 1998, R: Brenda Chapman, Simon Wells

„Der kleine Moses landet im (computeranimierten) Weidekörbchen bei der Frau des Pharao, die ihn zusammen mit ihrem eigenen Sohn Ramses aufzieht. Entsetzt über die Massaker an den Hebräern, verläßt der erwachsene Moses Ägypten. Ramses wird Pharao, Moses kehrt zurück und fordert: „Let my people go!“ Der Film ist eindeutig nicht für Kinder gedacht; das soll auch so sein, heißt es bei dem Produktionsstudio Dreamworks. Doch wer seriöse Religionsauseinandersetzung sucht, geht kaum in einen Trickfilm, so ernsthaft der auch gemeint ist. Eindrucksvoll ist „The Prince of Egypt“, wenn er ausspielt, was Trickfilm ausmacht: Dinge erschaffen, die Realfilmern (außer James Cameron) nicht möglich sind: der Bau der Pyramiden, der Auszug der Hebräer, die Teilung des Roten Meeres. Doppelt schade, daß die Geschichte streckenweise hart am Soap-Niveau entlangschrammt.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UT-Kinocenter, Wall-Kinos (Ol), Passage (Del)

Psycho USA 1998, R: Gus Van Sant, D: Vince Vaughn, Anne Heche, Julianne Moore

„Gus Van Sants vieldiskutierte Intention, nicht nur ein Remake von „Psycho“ zu machen, sondern den Film peinlich genau in jedem Detail zu kopieren, war ein gewagtes Gambit. Der Grund, warum dieses Konzept nicht aufgeht, liegt darin, daß das Original auf erzählerischen Überraschungen basiert, die unmöglich heute noch überraschen können; auf Genre-Konventionen, die schon vor Jahrzehnten aus der Mode kamen, und auf Matertial, das 1960 als gewagt galt, aber seitdem längst seine Macht verloren hat.“ (Variety) CinemaxX, UT-Kinocenter, Solitaire (Westerstede) / Originalfassung ohne Untertitel im UFA-Palast

R

Rendezvous mit Joe Black USA 1998, R: Martin Best, D: Brad Pitt, Anthony Hopkins, Claire Forlani

„Ich hatte gemeine Gerüchte gehört, daß „Meet Joe Black“ fast drei Stunden lang sein würde. „Meet Joe Black“ wirkt überhaupt nicht wie ein drei Stunden-Film. Er scheint zehn Stunden zu dauern. Anthony Hopkins spielt einen Medienmagnaten mit Herz und Claire Forlani spielt seine Tochter, die mit einem Trottel in gutem Anzug verlobt ist. Sie hofft auf einen besseren Mann, und schon kommt er des Weges in der Form von Brad Bitt. Er hat das Pech, bald danach zu versterben; der Tod übernimmt dann Brads Körper und kommt, um des Magnaten Seele zu kassieren und die Tochter gleich noch mal zu gewinnen. Wie auch immer: zum Ende hin versinken alle heillos in Gefühlsduselei.“ (New Yorker) CinemaxX, Schauburg, UFA-Palast, Ziegelhofkino (Ol)

Ronin USA 1998, R: John Frankenheimer, D: Robert De Niro, Jean Reno, Natascha McElhone, Katharina Witt

„Unter dem Befehl einer geheimnistuerischen Terroristentussi soll ein international zusammengewürfelter Gangsterhaufen einen silbernen Koffer rauben. Worum es geht und was denn eigentlich im Köfferchen ist, weiß keiner, und man will es auch gar nicht wissen. Veteran John Frankenheimer inszeniert so, als habe er vor vielen, vielen Jahren ein paar Filme des Genres gesehen, aber leider völlig vergessen, wie sie funktionieren. Die Männerfreundschaft zwischen De Niro und Jean Reno bleibt genauso vage wie das Agenten-Spektakel drumherum.“ (tip) Filmstudio

S

Der Schrecken vom Amazonas USA 1954, R: Jack Arnold, D: Richard Carlson, Julie Adams / teilweise in 3D zu sehen

„Eine Expedition entdeckt im Amazonasgebiet ein amphibisches Urwesen, das dort offenbar seit Jahrmillionen der Evolution getrotzt hat. Äußerst unterhaltsames Science-fiction-Abenteuer im 3D-Verfahren mit raffinierten Unterwasseraufnahmen, naiv-schaurigen Schockeffekten und einer filmästhetischen Homogenität, wie man sie nur selten im Genrekino findet.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46

Smoke Signals USA 1998, R: Chris Eyre, D: Evan Adams, Irene Bedard, Adam Beach

„Victor und Thomas machen sich auf den Weg vom nördlichen Washington ins südliche Arizona. Dort wollen sie die Asche von Victors verstorbenem Vater holen und ins heimatliche Reservat überführen. Der erst 26jährige Arapaho-Cheyenne-Indianer Chris Eyre erzählt in seinem Roadmovie den bekannten Vater-Sohn-Konflikt auf indianische Weise. Weit entfernt davon, die Lage der Indianer mitleidig zu beweinen, zeigt „Smoke Signals“ das breite Spektrum heutigen indianischen Lebens: die Bedeutung von Heimat und Tradition, aber auch Armut und Zerfall von Familie und Stamm.“ (tip) Cinema

Spiel des Lebens USA 1998, R: Spike Lee, D: Denzel Washington, Ray Allen

Spike Lee ist in den letzten Jahren mehr für seine Rolle als Sprachrohr des schwarzen, politisch überkorrekten Amerikas als für seine Filme berühmt/berüchtigt geworden. Bei Quentin Tarantinos „Jackie Brown“ empörte er sich öffentlich darüber, daß dort Afroamerikaner Afroamerikaner zu oft „nigger“ nennen. Bei der Pressekonferenz zum Film auf der Berlinale antwortete der afroamerikanische Schauspieler Samuel L. Jackson darauf souverän: „Jackie Brown ist doch ein schöner schwarzer Film geworden, und solch einen hat Spike ja schon lange nicht mehr zustande gebracht!“ Daran ändert auch diese Passionsgeschichte mit Denzel Washington als schwarzem, basketballspielendem Erlöser nichts.“ (hip) City

Staatsfeind Nr. 1 USA 1998, R: Tony Scott, D: Will Smith, Gene Hackman, Jon Voight

„Spannender Überwachungs-Paranoia-Thriller. Was du auch machst, sie sehen dich. Die Umkehrung der „Truman Show“. Da beobachten alle einen. Hier beobachten einige wenige alle. Egal, wohin du gehst, sie sind dabei. Per Satellit. Tony Scott montiert effektvoll verschiedene Aufnahmematerialien zusammen – Filmszenen, Überwachungsvideobänder, Fotos, Satellitenbilder – und stellt die Handlung abwechselnd aus der Sicht des Gejagten und der Jäger dar. Der Gejagte (Will Smith) ist ein sympathischer, selbstbewußter Yuppie, und seine Verfolger (Gene Hackman, Jon Voight) sind keine bösartigen Verbrechertypen, sondern intelligente Technokraten ohne große Skrupel, denen ihr Job sichtlich Spaß macht.“ (tip) CinemaxX, Ufa-Palast, UT-Kino, Wall-Kino (Ol, OmdU), Solitaire (Westerstede)

Star Trek – Der Aufstand USA 1998, R: Jonathan Frakes, D: Patrick Stewart, Jonathan Frakes, Brent Spiner

„Die nächste „Enterprise“-Generation deckt auf dem Planeten der ewigen Jugend eine Verschwörung von bösen Aliens und fehlgeleiteten Sternenflottenoffizieren auf und kann in der Entscheidungsschlacht die gute alte Föderationsordnung wiederherstellen. Regisseur Jonathan Frakes alias Commander Riker erweist sich als ambitionsloser Routinier, der viel Budenzauber entfaltet, ohne die Längen der Story überspielen zu können. Fürs allgemeine Publikum zu unspektakulär und für die Fangemeinde zu uninspiriert, bestätigt das 70-Millionen-Spektakel das alte Trekker-Vorurteil, daß auf „Enterprise“-Filmen mit ungerader Ziffer der Fluch des Scheiterns lastet.“ (tip) CinemaxX, Ufa-Palast, UT-Kinocenter, Gloria (Del), Wallkinos (Ol)

Strange Days USA 1995, R: Kathryn Bigelow, D: Ralph Fiennes, Angela Basset / Originalfassung mit Untertiteln

„Am Silvesterabend des Jahres 1999 steht die amerikanische Gesellschaft auf der Kippe zwischen Anarchie und faschistoidem Polizeistaat. In dieser Welt dealt der zynische Einzelgänger Lenny mit einer illegalen Technologie, die es den Benutzern möglich macht, sich direkt in die Gehirnströme anderer Menschen einzuklinken. „Strange Days“ ist ein atemberaubender Actionfilm, aber Regisseurin Kathryn Bigelow schmuggelt zusammen mit dem Drehbuchautor James Cameron („Titanic“) bei all den Stunts und special effects auch soviel subversive Gesellschaftskritik in ihren Film, daß man ihren Mut nur bewundern kann.“ (hip) Kino 46

Studio 54 USA 1998, R: Mark Christopher, D: Ryan Philippe, Salma Hayek, Neve Campbell

„Sex, Drugs & Disco – nicht nur Samstag nachts ging es einst im New Yorker Studio 54 zur Sache. In den Siebziger Jahren tobte im legendärsten aller Tanzschuppen der Bär – und die Prominenz jener Tage. Schillernde Szene-Typen wie Truman Capote, Bianca Jagger und Andy Warhol, ja sogar Grace Kelly gaben sich die Klinke in die Hand – bis die Steuerfahndung dem dekadenten Disco-Tempel auf die Pelle rückte. Ein Stoff, wie für die Leinwand gemacht. “ (Bremer) City

Die Stunde des Lichts Deutschland 1998, R: Stijn Coninx, D: Joachim Król, Francesca Vanthielen

„Eigentlich steht Joachim Król, diesem Meister der Schüchternheit, die Rolle eines verschrobenen norwegischen Trappers gut zu Gesicht. Leider hat Regisseur Stijn Coninx ihn zum Markenzeichen seiner selbst degradiert. Król spielt einen kauzigen Einsiedler, der von einer munteren, geschwätzigen Großstadtgöre heimgesucht wird und sich prompt verliebt. Ein Eisbär sorgt für zusätzliche Action, und der Soundtrack verkitscht das Naturschauspiel des Polarwinters zur Disney-Kulisse.“ (tip) Schauburg

T

Das Taschenkino Deutschland 1995, R: Gustav Deutsch

„100 Filmscheifen für 100 Filmbetrachter. Jede Schleife behandelt einen elementaren Aspekt des Lebens und des Films. Die essentiellen Merkmale werden durch die endlose Wiederholung in der Schleife deutlich.“ (Kommunalkino) Kino 46

There's Something About Mary USA 1998, R: Peter & Bob Farrelly, D: Cameron Diaz, Ben Stiller, Matt Dillon / Originalfassung ohne Untertitel

Originaltitel und -fassung von „Verrückt nach Mary“. Kurzkritik siehe dort. CinemaxX

Die Truman Show USA 1998, R: Peter Weir, D: Jim Carrey, Jaura Linney, Ed Harris

Hatten Sie nicht auch schon manchmal das Gefühl, Sie wären in einem schlechten Film oder – noch schlimmer – in einer Fernsehserie? Genau dieser Verdacht beschleicht Truman Burbank eines Morgens, als direkt vor seine Füße ein Scheinwerfer aus dem strahlend blauen Himmelszelt fällt. Aber Trumans Himmel ist genaugenommen eine Kuppel: Ein riesiger künstlicher Dom, unter dem eine ganze Kleinstadt konstruiert wurde. Und all das nur für Truman Burbank, denn dieser ist, ohne es zu wissen, seit seiner Geburt der Star einer täglich rund um die Uhr gesendeten Fernsehserie.“ (hip) CinemaxX, Wall-Kino (Ol), Apollo (Wilhelmshaven), Lindenhof (Wildeshausen)

V

Verrückt nach Mary USA 1998, R: Peter & Bob Farrelly, D: Cameron Diaz, Ben Stiller, Matt Dillon

„Geschmacklosigkeiten unter der Gürtellinie – und doch ist irgendwas dran an dieser Komödie: In Reißverschlüsse eingeklemmte Geschlechtsteile, Sperma als Haargel, in Ganzkörpergips verpackte Schoßhunde – ziemlich krank, oft daneben und zum Schreien komisch. Und wer wäre nicht verrückt nach „Mary“ alias Cameron Diaz.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX (u.a. OmU)

W

Wurlitzer Deutschland 1985, R: Antje Straost, Hans-Helmut Grotjahn, D: Christiane Vogt, Bianka Vogt

„Dies ist eine Untersuchung von Lebensverhältnissen in der deutschen Provinz, eine Reflexion über das Thema Nähe und Ferne sowie ein Ausflug in die deutsche Film- und Kulturgeschichte. Der Film bewegt sich auf eine eigenwillige Art zwischen den Genres Dokumentarfilm, Spielfilm und Essay, er fesselt durch die Intensität seiner filmischen Sprache sowie durch die originelle Verknüpfung von dokumentarischer Beobachtung, collagenhafter Struktur und Entfaltung einer Argumentation.“ (Ulrich Gregor) Kino 46

Z

Zauberhafte Schwestern USA 1998, R: Griffin Dunne, D: Sandra Bullock, Nicole Kidman, Dianne Wiest

„Es fängt schon krude an: Mit magischer Kraft bringt eine junge Frau, die als Hexe verurteilt ist, den Strick ihres Galgens zum Reißen. Fortan muß sie auf einer einsamen Insel leben und – damit die Geschichte nicht schon nach dem Vorspann zu Ende ist – ein Baby austragen. Die Gebeutelte erlegt sich selbst einen Fluch auf, mit dem ihre Nachfahren noch mehrere hundert Jahre später zu kämpfen haben: nie wieder Männer! Die heutigen Hexen sind zwei krakeelende Girlies (Sanda Bullock und Nicole Kidman), denen es gar nicht in den Kram paßt, daß jeder Mann, in den sie sich verlieben, eines frühen Todes sterben muß. Das alles ist recht schwachsinnig konstruiert und wahrscheinlich in der Absicht entstanden, Esoterik und Sex und Kitsch und Grusel publikumswirksam zu vermischen. Doch Hollywoods Hexeneinmaleins funktioniert hier nicht: Dieser Film ist fauler Zauber.“ (Der Spiegel) UT-Kinocenter

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