■ Standbild: Scheißjob!
„ARD-exklusiv: Scheiß Job? Lehrer in Deutschland“, Do., 23 Uhr, ARD
Auf das Fragezeichen im Titel hätte Filmautor Gero Gemballa ruhig verzichten können. Sich tagtäglich mit Schülern und Schulbehörden, knappen Kassen und eitlen Eltern herumschlagen – das muß man schon wollen! Und angesichts des Häufchens Lehrerelend in einer Kasseler Reha-Klinik, das da mit den grauen Gesichtern bürgerlich-selbstgefälliger Enttäuschung in die Reportagekamera schaute, wollte sich denn auch partout kein Mitgefühl einstellen.
Allerdings war Gemballas Interesse an Selbstmitleid und Psychosomatik ohnehin begrenzt. Lieber hatte er die Republik von Nord nach Süd, von West nach Ost durchstreift und dabei ein illustres Potpourri von Individualbiographien zusammengesammelt, die nach anderen Wegen aus dem Scheißjob suchten als ausgerechnet Krankheit: den Ürdinghausener Friedrich Mahlmann beispielsweise, der eine Art aufklärerischen Schlüsselroman übers Lehrersein geschrieben hat und deshalb von Kollegen verklagt wurde; oder die Altlehrerin, die für sich das Vorruhestandsmalen entdeckte. Doch wußte der insgesamt vielleicht ein wenig zu rastlose Reporter auch die Hintergründe fürs Nicht-mehr- Lehrer-sein-Wollen (realitätsferne Ausbildungsstätten, reformbedürftige Bildungssysteme) sachkundig zwischen die Fallbeispiele zu weben.
„Ich glaube, wer früher ein richtiger Musterschüler war“, fügte eine Lehrerin hinzu, „der sollte bitte nicht Lehrer werden. Bitte nicht!“ Aber vielleicht hat Gemballas „Scheiß Job?“ ja den ein oder anderen Musterschüler längst entmutigen können. Wenigstens das wird ihnen die undankbare Schülerbrut danken. Christoph Schultheis
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