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Die CDU kann wieder jubeln

100 Tage nach dem Machtwechsel in Bonn fährt die hessische CDU mit Roland Koch einen großartigen Wahlsieg ein. Freude über die „Quittung“ für Rot-Grün  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Wiesbaden (taz) – „Verhaltener Optimimismus.“ So charakterisierte CDU-Sprecher Dirk Metz die Stimmung bei der Union im Sitzungssaal 119 M im Landtag kurz vor 18 Uhr. Kurz nach 18 Uhr kannte der Jubel im konservativen Lager dann keine Grenzen mehr. Die ersten Sektflaschen wurden entkorkt, die Lachsbrötchen unter befreitem Gelächter genossen. Volker Bouffier, designierter Innenminister und Hardliner par excellence, war der erste prominente Unionist, der sich zu diesem frühen Zeitpunkt zu einem Statement hinreißen ließ: „Grandios.“

Da wurden Union und FDP mit fünf Sitzen Vorsprung gehandelt. Frauen und Männer aus dem Wahlkampfteam Koch liegen sich in den Armen. Vor dem Zimmer von Wahlsieger Roland Koch (40), einige Meter weiter, sind Bodyguards von der Jungen Union aufgezogen. Darunter einer mit Rasta-Locken. Koch läßt sich, wie die Spitzenleute der anderen Parteien, Zeit mit einer Stellungnahme. Verständlich angesichts der ständig wechselnden Hochrechnungen.

Platten mit Häppchen dürfen passieren. Die Familie Koch feiert; zusammen mit den politischen Freunden hinter verschlossenen Türen. Kurz nach 19 Uhr dann zieht Koch eine vorsichtige Bilanz seines Sieges: Eine „Ermutigung“ für die Union sei das Ergebnis: „Mit uns muß jeder in Deutschland auch in Zukunft rechnen.“ Die Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft habe „CDU und CSU noch enger zusammengeführt. Genau das Richtige, um Rot-Grün in die Schranken zu weisen“, ergänzt Koch. Die Kampagne müsse fortgeführt werden.

Der Jubel der Union war nur gebremst durch die Unsicherheit über die Lage der FDP: Sie rutschte im Verlauf der Hochrechnungen immer gefährlicher auf die 5,0-Prozent-Grenze zu. Der Machtwechsel in Hessen ist aber nicht zu schaffen ohne die Liberalen im Parlament. Und am Machtwechsel in Hessen hängt auch der Machtwechsel im Bundesrat. Aber auch ohne ihn war der Achtungserfolg für den nicht gerade profilierten CDU-Vormann Roland Koch erstaunlich.

Bei der FDP im Landtag ist die Stimmung verhalten; die ursprünglichen 5,5 Prozent der Prognose lassen keinen Jubel aufkommen. Ein Patt zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb scheint lange möglich. Nur der Landtagsabgeordnete Jörg-Uwe Hahn spricht kühn vom „schönsten Tag in der Geschichte der hessischen FDP“ seit 1987. Vielleicht hat sich Hahn zu früh gefreut. Gegen 20 Uhr kreisen die Hochrechungen immer noch um 5 Prozent.

Aber bei der Union im großen Saal 119 M glauben sie aber weiter an den „großen“ Sieg. Der sei schon deshalb zu bejubeln, weil die Grünen „grandios abgeschmiert“ seien, sagt einer: „Endlich kriegen die mal die Quittung für ihre verlogene Politik.“

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