: Wahlsieger Roland Koch sammelt weiter
Hessens Ministerpräsident in spe kündigt die Fortführung der Unterschriftenkampagne auch in Hessen an, so lange „bis der Bonner Entwurf vom Tisch ist“. Bei Fragen nach landespolitischen Zielen hält Koch sich dagegen noch bedeckt ■ Von Heide Platen
Wiesbaden (taz) – Zur ersten großen Pressekonferenz als hessischer Ministerpräsident in spe erscheint Roland Koch (CDU) gestern nachmittag zwei Minuten zu spät. Und mit rotem Kopf. Sein größter Fehler sei die Ungeduld, hatte er einmal von sich selbst gesagt. Und, sagen seine Mitarbeiter, er kann Unpünktlichkeit nicht ausstehen.
Aber auch schon am Montag war Koch zur ersten CDU-Feier nach dem Wahlsieg in Hessen gleich eine halbe Stunde zu spät gekommen. Denn am Morgen war der neue Hoffnungsträger der Union erst einmal zur Bundespartei nach Bonn geeilt.
Daß er der Union auf Bundesebene für kommende Wahlen durch sein kampftaktisches Vorpreschen bei der Unterschriftenaktion gegen die Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft tatsächlich Aufschwung und Entlastung verschafft hat, weiß Koch ganz genau. Falsche Bescheidenheit ist seine Sache nicht.
Die Kampagne, ließ Koch noch am Wahlabend wissen, sei „kein Fehler“ gewesen. Und sie werde, verkündete er gestern als erstes, so lange weitergehen, „bis der Entwurf der Bonner Regierung vom Tisch“ sei. „Jeder Tag, den sich die SPD stur stellt, verschärft und verlängert die Debatte.“
Dann, so Koch, der das auch ganz ohne Bonner Direktive sagen würde, könnten die Sozialdemokraten „noch ein paar Wahlen verlieren“ und „am Abstieg der Grünen teilnehmen“.
Roland Koch, einst eher zu Unrecht als „junger Wilder“ eingestuft, hat sich bei seiner Karriere so zielstrebig gezeigt wie im Wahlkampf. Als 14jähriger gründete er die Junge Union in seinem Heimatort Eschborn, mit 40 ist er der jüngste Ministerpräsident, den je ein Bundesland wählte. Das Jurastudium absolvierte er im Blitztempo. Eine seiner auffallendsten Eigenschaften ist ein umtriebiger Ehrgeiz. Viele vermuten, daß er künftig höher hinaus will. „Der studiert“, hatte ein ehemaliger Kommilitone einmal gesagt, „nur auf Kanzler“.
Seine Mentoren suchte sich der schnelle Aufsteiger in den letzten Jahren eher am rechten Rand der CDU. Manfred Kanther förderte ihn. Auch Alfred Dregger gehört zu seinen Vorbildern. Helmut Kohl unterstützte ihn. Im Wahlkampf holte Koch sich außer dem Ex-Kanzler auch den eigentlichen Initiator der Unterschriftenkampagne, den bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber, auf die Bühne nach Frankfurt. Der hegt allerdings, wie schon weiland 1980 Franz Joseph Strauß, ebenfalls Ambitionen auf das Kanzleramt.
Als hessischer Sieger bleibt Koch vorerst so hyperaktiv wie vor der Wahl, eilt von Kamera zu Kamera, läßt Presseerklärungen am laufenden Band fabrizieren und lächelt dabei so süffisant, als sei er gerade wie die Katz ins Sahnetöpfchen gefallen.
Koch kann sich, scheint es, gar nichts anderes vorstellen, als Politiker zu sein. Das Streben nach der Macht ist sein Lebenselixier. Seit er sie greifbar nahe hat, ist er, wochenlang fast nur noch polemischer Einheizer zum Thema Unterschriftenaktion, auch wieder zur Landespolitik zurückgekehrt und verspricht neue Lehrstellen. Bei Fragen zur Abschaffung der von ihm in Zeiten vor der Unterschriftenaktion gegeißelten Grundwasserabgabe und zum Hochschulgesetz wirkt er zunächst fast irritiert.
Und umschifft die meisten Klippen, bei denen er offensichtlich aus der Übung kam, wie ein gelernter Jurist: Erst mal prüfen, erst mal mit dem neuen Koalitionspartner FDP verhandeln. Ob Hessen sich der Bundesverfassungsgerichtsklage gegen den Länderfinanzausgleich von Bayern und Baden Württemberg anschließen werde? Koch: „Da möchte ich erst einmal die Akten sehen.“
Daß Koch, der im Wahlkampf strikte Sparsamkeit predigte, die Zahl der hessischen Ministerien möglicherweise erhöhen will, bestätigte er gestern nachmittag noch nicht.
Am Ausbau des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens aber gebe es bei ihm nichts zu rütteln, auch wenn er den Bürgerinitiativen anbieten werde, sich wieder an den Mediationsverfahren zu beteiligen und weiterzuverhandeln: „Die Frage ist nicht das Ob, sondern nur, an welcher Stelle gebaut wird.
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