: Kosovo-Konferenz geht erneut in die Verlängerung
■ Bei den Gesprächen in Rambouillet bleibt die serbische Verhandlungsdelegation bei ihrem „Nein“ zur Stationierung einer Nato-Truppe im Kosovo. Ultimatum für den Abschluß der Gespräche: Dienstag, 15 Uhr
Rambouillet (taz) – Um genau 75 Stunden ist die internationale Kosovo-Konferenz am Samstag abend verlängert worden – doch die mit der Verlängerung verbundene Hoffnung auf eine Einigung zwischen Kontaktgruppe, Serben und Kosovo-Albanern hat sich inzwischen erneut verschlechtert. Die serbische Regierungsdelegation im Schloß Rambouillet bei Paris bleibt weiterhin bei ihrem „Nein“ zur Stationierung einer bis zu 30.000 Mann starken Nato-Truppe, die die Umsetzung eines Autonomieabkommens sicherstellen soll. Darüber hinaus stellt sie ihre in den letzten zwei Wochen gegebene Zustimmung zu einigen Punkten im politischen Teil des Abkommens wieder in Frage. In den nächsten Tagen dürften sich die Verhandlungen auf eine für Belgrad akzeptable Alternative zu einer reinen Nato-Truppe konzentrieren.
Am Samstag abend hatten die Außenminister der sechs Kontaktgruppenstaaten (USA, Rußland, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Italien) nach stundenlangen ergebnislosen Diskussionen mit den Serben ihre ursprünglich auf Samstag mittag terminierte „letzte“ Frist für ein Abkommen bis zum Dienstag nachmittag, 15 Uhr, verlängert. Diese Fristverlängerung begründeten die Außenminister mit nicht näher erläuterten „deutlichen Fortschritten“ bei den Verhandlungen der letzten Tage. Eine weitere Verlängerung werde es nicht geben, erklärte Bundesaußenminister Joschka Fischer am Sonntag. Ebendies hatte die Kontaktgruppe bereits am vorletzten Wochenende anläßlich einer ersten Verlängerung der Verhandlungen in Rambouillet um sieben Tage beteuert. Von den serbischen Medien wurde die jüngste Fristverlängerung am Wochenende als Sieg für den Präsidenten Restjugoslawiens, Slobodan Milošević, gewertet.
Die fünf westlichen Außenminister hatten am Samstag abend der serbischen Seite die Verantwortung für die Blockade der Verhandlungen gegeben. Ganz besonders deutlich machte dies US-Außenministerin Madeleine Albright auf einer separaten Pressekonferenz. Albright hatte bei den abschließenden Beratungen der sechs Minister am frühen Samstagabend für den Abbruch der Verhandlungen und gegen eine Verlängerung der Frist votiert, sich damit aber nicht durchsetzen können. „Es wäre ein großer Fehler von Milošević, unsere Absichten falsch einzuschätzen. Es gibt keine endlose Verlängerung.“
Bundesaußenminister Joschka Fischer appellierte an Serben und Kosovo-Albaner, sich zu einigen. „Wir brauchen wirklich einen Frieden“, meinte er. Die Verhandlungen seien verlängert worden, „weil wir noch nicht fertig geworden sind“, sagte er. Allzu optimistisch zeigte sich Fischer jedoch nicht. „Ich bin aber nicht sicher, daß wir in zwei Tagen eine positive Entscheidung haben werden – leider.“
Der Minister bekräftigte ebenso wie Albright, daß die westliche Gemeinschaft weiterhin Luftangriffe avisiere, falls die Konferenz scheitere. Auf die Frage, ob Milošević die Kontaktgruppe überhaupt noch ernst nehmen müsse oder deren Geschlossenheit zu einem Militärschlag ins Wanken komme, antwortete Fischer: Ich saß heute den ganzen Tag neben Madeleine Albright. Ich habe nicht gemerkt, daß da was bröselt.“
In Rambouillet wird jedoch damit gerechnet, daß die Differenzen in der Kontaktgruppe in den kommenden Tagen noch deutlicher hervortreten werden. Zumal wenn bis Dienstag nachmittag immer noch kein Abkommen erzielt ist. Eine für diesen Fall erwogene Reise nach Belgrad zu direkten Verhandlungen mit Milošević, zu der neben dem Außenminister Rußlands zumindest auch seine Amtskollegen aus Frankreich und Großbritannien bereit sind, komme für Albright „unter keinen Umständen in Frage“, verlautete aus ihrer Delegation in Rambouillet.
In der südserbischen Provinz sind gestern erneut drei Kosovo-Albaner getötet worden. Ihre Leichen wurden nahe Prizren beziehungsweise Suva Reka entdeckt, berichtete das halboffizielle serbische Mediazentrum aus der Kosovo-Hauptstadt Priština. Eines der Opfer war demnach ein Wachmann in einer serbischen Baufirma, der der Kollaboration mit den Serben verdächtigt wird. Andreas Zumach
Bericht und Interview Seite 2
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