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Rufen Sie „Olof Palme“!

■ Nach fünf Jahren kommen die 80er-Indie-Heroen The Jazz Butcher wieder mal nach Hamburg. Ein „Bluffer's Guide“

Einen „Bluffer's Guide“ nennen Engländer die Einführung für Uneingeführte in ein bestimmtes Thema. Und die große Zeit des Jazz Butcher ist so lange her, daß anläßlich seiner Rückkehr nach Hamburg so ein „Bluffer's Guide“ nur zu angebracht erscheint. Nun werden Sie fragen: Warum soll ich mich denn in das Werk jenes, ähem, Jazzmetzgers einführen lassen, und das gar so weit, daß ich bluffen kann?

Was den Butcher betrifft, lassen Sie sich sagen: Er hat BlursParklife um zehn Jahre vorweggenommen. Er hat Trinklieder geschrieben, die nicht nur Deppen gefallen. Er ist Humanist, obwohl er früher Videos angesagt hat. Und sollten Sie diese Argumente zum Konzertbesuch verleiten, werden Sie diesen „Bluffer's Guide“ brauchen. Denn Sie werden unter Kennern sein.

Zunächst werden Sie sich wundern, warum der schlaksige 42jährige auf der Bühne so bejubelt wird, als sei er einer jener jugendlichen Herzensbrecher, die bei Top of the Pops auftreten. Nun, der Mann, den sie Butch nennen, ist erstens ein Herzensbrecher – wenngleich kein jugendlicher mehr. Zweitens ist er eines jener verkannten Genies der Popgeschichte. Sein früherer Labelboß, Alan McGee von Creation, hat ihn in eine Reihe mit Ray Davies und Pete Townsend gestellt, dabei hat er lächerlich wenige Platten verkauft. Wenn Sie jetzt denken: Na ja, so ein Kultstar eben, dann verletzen Sie die Gefühle derer, die extra vor diesem Abend zwischen staubigen Cassetten und weggelagerten Vinylplatten gekramt haben. Wenn Sie nun erfahren, daß der letzte Auftritt in Hamburg fünf Jahre her ist, werden Sie denken: Ja, das ist lange, aber so lange nun auch wieder nicht. Stimmt, aber diesmal ist Max Eider dabei, des Butchers kongenialer Gitarrist in den mittleren Achtzigern, als er seine tollsten Songs aufnahm.

Weil der Jazz Butcher heute keine Platten mehr macht und sein Neunzigerwerk für immer in den Ramschkisten bleiben wird, werden Eider und er alte Hits spielen – wahrscheinlich sogar auf Zuruf. Da werden Sie mittun wollen. Hier ein paar Tips: Rufen Sie nicht „Southern Mark Smith“. Das ist zwar das beste Lied, aber erstens deshalb wenig originell und zweitens schwer zu rufen. Drittens spielen sie es sowieso. Rufen Sie „Water“, das ist eine schöne Hymne an die Sehnsüchte eines Elefanten. Rufen Sie „Olof Palme“, ein Lied darüber, daß immer die falschen Politiker umgelegt werden. Rufen Sie „Drink“, da geht es ums Trinken, und der Gitarrist singt. Ein letztes noch: Seien Siestets freundlich zu zauseligen Engländern in der ersten Reihe. Denn vielleicht ist es Owen Jones. Der wohnt in Hamburg und war mal Gärtner von Günter Grass. Ach so, und er war der Schlagzeuger vom Jazz Butcher. In dessen bester Phase übrigens, an die sich hier alle gerade erinnern. Felix Bayer Fr, 26. Februar, 21 Uhr, Logo

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