: Erfolg für Irans Präsidenten
Bei den Kommunalwahlen vom Freitag liegen die Anhänger von Mohammad Chatami deutlich vorn. In zwanzig Orten erhalten Frauen die meisten Stimmen ■ Aus Teheran Thomas Dreger
Die Anhänger von Irans Präsident Mohammad Chatami setzen zum Durchmarsch an. Laut gestern veröffentlichten Zwischenresultaten der Kommunalwahl vom vergangenen Freitag werden voraussichtlich 12 der 15 Sitze im Kommunalrat der iranischen Hauptstadt von Verbündeten des moderaten Präsidenten besetzt werden. Die drei restlichen Mandate gehen voraussichtlich an unabhängige Kandidaten.
Bereits am Sonntag abend hatte der Vorsitzende des für die Provinz Teheran zuständigen Wahlkomitees erklärt, die beiden Reformkandidaten Abdullah Nuri und Said Hadscharian lägen bei der Auszählung der Stimmen weit vorn und würden mit Sicherheit in den Kommunalrat einziehen. Nuri war im vergangenen Jahr wegen zu ausgeprägter Reformfreude vom konservativ dominierten Parlament abgesetzt worden. Er gilt als enger Vertrauter Chatamis. Hadscharian war bis zur Wahl Hauptberater Chatamis.
Während die Stimmen in Teheran noch nicht vollständig ausgezählt sind, liegen die Ergebnisse aus der Provinz fast komplett vor. An 20 Orten erzielten Frauen die meisten Stimmen. Sie gelten mehrheitlich als Anhängerinnen Chatamis. Beobachter in Teheran werten dieses Wahlverhalten als Protest gegen das konservative Establishment. Die „Freiheitsbewegung“ konnte nach derzeitigem Stand keinen Kandidaten durchbringen. Die nicht legalisierte, aber tolerierte oppositionelle Organisation unter der Führung von Ebrahim Jasdi hatte erstmals seit vielen Jahren vier ihrer Kandidaten ins Rennen schicken dürfen.
Der Sieg des Reformflügels ist vor allem der hohen Wahlbeteiligung zu verdanken. Laut amtlichen Angaben lag sie bei 60 Prozent. Das bedeutet, daß das Chatami-Lager auch WählerInnen für sich gewinnen konnte, die sonst zögern, sich an der Abstimmung zu beteiligen. Während die Konservativen üblicherweise keine Probleme haben, ihr Wählerpotential auszuschöpfen, stützt sich Chatami unter anderem auf jenen Teil der Bevölkerung, der der Islamischen Republik distanziert gegenübersteht und am Sinn von Wahlen innerhalb dieses Systems zweifelt.
Die ersten Kommunalwahlen seit der Gründung der Islamischen Republik vor 20 Jahren bilden damit die zweite blamable Niederlage für die Konservativen seit den Präsidentschaftswahlen am 23. Mai 1997. Öffentlich tun die Konservativen derzeit so, als sei nichts passiert. So lobte der Mentor dieser Bewegung, Irans Religiöser Führer Ajatollah Ali Chamenei, die Bevölkerung für ihre hohe Wahlbeteiligung. Hinter den Kulissen versuchen die Konservativen jedoch weiterhin, Chatami zu behindern, wo es geht. So wurde am Wochenende bekannt, daß ein Chatami nahestehender Mullah auf Anordnung eines für Kleriker zuständigen Sondergerichts verhaftet wurde. Eine offizielle Begründung gab es nicht. Doch Hodschatolislam Mohsen Kadivar hatte Aufsehen erregt, weil öffentlich das von Revolutionsführer Chomeini entwickelte Prinzip der „Herrschaft der Rechtsgelehrten“ kritisierte.
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