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Easy Watching

■ Imaginärer Flugzeugabsturz: das "Live-Art-Projekt" Gob Squad auf Kampnagel

Fliegen ist schön. Abheben und Schweben. Noch einen Campari, bitte. Wen interessiert schon die immer gleiche alberne Show, wenn die Stewardessen kurz vor dem Start gelangweilt mit spitzem Mund in die Schwimmweste püsteln? Bis der Ernstfall eintritt. Bei Safe ist das ein leichter Fall. Wie in einem Ballett tänzeln die Todeskandidaten von einer Seite zur anderen und greifen synchron zur imaginären Sauerstoffmaske. The show must go on.

Um Sicherheit, Vertrauen und die ständige Versicherung der eigenen Existenz geht es in der ersten Bühnenshow der deutsch-englischen Performergruppe Gob Squad. Auf Kampnagel mixen sie in ihrem „Live-Art Projekt“ Szenenfolgen zu einer amüsanten Collage, die den Zusachauer immer wieder auf unsicheres Terrain führt. Anfangs glaubt man sich in einer Bar voller Betrunkener, die sich blöde Witze erzählen, dann bei der Pressekonferenz einer berühmten Rockband, schließlich im abwärts trudelnden Flugzeug. Die weiße, von Glühbirnen umrandete Bühne dient als Projektionsfläche für alles und nichts. „Ist schon Wahnsinn, morgens in einem Hotelzimmer aufzuwachen, und du weißt gar nicht, in welcher Stadt du gerade bist“, plappert eine aufgeregte Rockmusikerin und kreischt „Hallo, Hamburg!“ Und dann imitieren die sechs Darsteller mit Luftsprüngen und Verrenkungen den exaltierten Habitus von Rockgruppen. Rituale schaffen eben auch ein Stück Sicherheit.

Freundlich, verspielt und charmant hält die Performance bruchlos einen permanenten Schwebezustand, der dem Zuschauer das Gefühl vermittelt, er würde fliegen. Manchmal ist die Aussicht etwas langweilig, weil sich Szenen wiederholen, doch dann peppen Musik (Highlight: eine verpunkte Version von Reinhard Meys Schlager „Über den Wolken“), Videoprojektionen und Tanzeinlagen immer wieder den neunzigminütigen Flug wieder auf.

Zuviel Tiefgang darf allerdings nicht erwartet werden. Das könnte auch fatal für die stromlinienförmige Theatermaschine hoch oben in der Luft sein. Passend zur Easy-Listening-Musik im Sixties-Stil das gefällige Easy-Watching-Theatre der späten Neunziger. Mit schönen jungen Menschen im Glitzerminikostüm und Techno-T-Shirt, Mut zur Unprofessionalität (der Gesang ist grauenhaft!) und Mikro am Hals. Klar, daß es außer einer ruhmsüchtigen Schauspielerin keine wiedererkennbaren Charaktere gibt und auf eine stringente Handlung verzichtet wird.

Man darf die freundlichen Performer aber auch nicht unterschätzen. Manches dringt gar in unerwartet tiefe Schichten hinab – wie die Szenen beim imaginären Flugzeugabsturz. Während auf der Leinwand Katastrophenbilder zur abrupt sinkenden Flughöhe flackern, schließen die Passagiere mit ihrem Leben ab. Großzügig vermachen sie dem Publikum die Stiefel, die Dreizimmerwohnung – und die beste Freundin. Nur ein Zufall, daß der Rezensentin nach der Premiere die Jahre nicht gesehene beste Jugendfreundin im Traum erscheint? „Hallo“ sagt sie kurz – und schwebt schon wieder vorbei.

noch morgen und vom 10. bis zum 13. März, k2 auf Kampnagel

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