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■ Internationale Gemeinschaft setzt Bosniens Serbenpräsidenten abFrieden statt Demokratie

Die Absetzung des bosnischen Serbenpräsidenten Nikola Poplašen wirft ein Schlaglicht auf den grundsätzlichen Baufehler der internationalen Politik auf dem Balkan. Denn dieser Schritt wurde überhaupt nur notwendig, weil vorher nie klar definiert wurde, wer eigentlich das letzte Wort in Nachkriegsbosnien hat. Die Staaten der Kontaktgruppe, die die kriegsführenden Parteien 1995 zur Unterschrift unter den Friedensvertrag von Dayton zwangen, haben sich damals um die Frage gedrückt, ob das Land nun ein internationales Protektorat oder ein demokratischer, souveräner Staat ist. Und so wurde Bosnien beides.

Dabei hätte den internationalen Aufbauhelfern in Sarajevo und Banja Luka klar sein müssen, daß mit nationalistischen Politikern vom Typ Poplašens keine Zusammenarbeit im Sinne von Frieden und Versöhnung möglich ist. Dieser hat schließlich nie ein Hehl daraus gemacht, daß er auf seine Kriegstaten als Kommandeur einer berüchtigten Tschetnik-Einheit bis heute stolz ist. Seit seinem Amtsantritt im Dezember machte Poplašen den internationalen Aufbauhelfern nur Ärger: Er behinderte die Regierung des vom Westen unterstützen, versöhnungswilligen Sozialdemokraten Milorad Dodik auf alle nur erdenkliche Art und Weise und stellte sich öffentlich gegen eine Rückkehr nichtserbischer Flüchtlinge auf das Gebiet der Serbischen (Teil-)Republik.

Trotzdem erkannte Carlos Westendorp, der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in Sarajevo, vergangenen Herbst die Wahl des Ex- Tschetniks an. Er konnte wohl nicht anders, denn nach den Worten von Dayton ist auch die serbische Hälfte Bosniens demokratisch. Und weil Poplašen und seine ultranationalistische Serbische Radikale Partei dort im vergangenen Herbst bei international beobachteten und für fair befundenen Wahlen die meisten Stimmen geholt hatte, wäre eine Nichtanerkennung einem Putsch gleichgekommen.

Diese Argumentation unterschlägt aber, daß heute überhaupt nur 30 Prozent aller bosnischen Serben in der Republika Srpska leben; 10 Prozent ziehen es vor, mit muslischen kroatischen Bosniern zusammen in der Föderation, dem anderen Teil Bosniens, zu leben; die restlichen 60 Prozent haben bereits während des Krieges mit den Füßen gegen die bosnische Serbenführung gestimmt – sie sind geflohen. Unter solchen Umständen ist eine Demokratie, die diesen Namen auch verdient, nicht realisierbar. Carlos Westendorp hat recht: Bosnien braucht heute Frieden mehr als Volksherrschaft. Rüdiger Rossig

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