: Paris: Eta-Verhaftungen zum Staatsbesuch
■ Französische und spanische Polizisten verhaften sechs mutmaßliche Etarras
Madrid/Paris (taz) – „Ein Rechtsstaat kennt keinen Waffenstillstand!“ Mit diesem Satz feierte gestern der spanische Innenminister Jaime Mayor Oreja die Verhaftung von sechs Mitgliedern der baskischen Separatistengruppe ETA in Frankreich bei der ersten großangelegten Polizeiaktion gegen die ETA seit der Verkündung einer Waffenruhe vergangenen September. Unter den Verhafteten befindet sich der militärische Chef und Nummer drei der Organisation, Javier Arizeuren-Ruiz „Kantauri“ und ein Ex-Abgeordneter von Herri Batasuna (HB), dem politischen Arm von ETA, Mikel Zubimendi. An den beiden Polizeiaktionen in einer Privatwohnung und einem Hotel in Paris gestern früh war neben der französischen Polizei auch die spanische Guardia Civil beteiligt.
Gegen Javier Arizeuren-Ruiz mit Deckname „Kantauri“ liegen in Spanien 18 Haftbefehle vor. Das erste Mal geriet er 1982 mit 24 Jahren wegen Sprengstoff- und Waffenbesitzes auf die Fahndungsliste. Die Gruppe war auf Bombenanschläge spezialisiert.
Bei der Zerschlagung des Kommandos 1986 entwischte Kantauri der Polizei. Erst 1992 kamen ihm die Ermittlungsbehörden wieder auf die Spur. Damals gehörte er zum sogenannten „Wanderkommando“. Nach seinem Aufstieg zum Leiter des militärischen Apparats von ETA ordnete er im Sommer 1995 einen Anschlag auf König Juan Carlos in Mallorca an, der wegen Verhaftungen nicht zustande kam. In Javier Arizeuren-Ruiz‘ Zeit als Militärchef der Separatistengruppe fällt auch die Anschlagsserie gegen Lokalpolitiker der in Madrid regierenden Partido Popular (PP) von José Maria Aznar. Die Ermittlungsbehörden vermuten, daß er den Befehl für die Entführung und anschließende Erschießung des Gemeinderates Miguel Blanco im Sommer 1997 gab. Unter den restlichen fünf Verhafteten sollen Mitglieder des Kommandos aus San Sebastian sein.
Der Zeitpunkt der Verhaftungen war geschickt gewählt. Nur wenige Stunden später traf Spaniens Regierungschef José Maria Aznar zu einem Staatsbesuch in Paris ein. Bei den Treffen mit seinem Amtskollegen Lionel Jospin und Präsident Jacques Chirac dürfte auch das Baskenland auf der Tagesordnung stehen. Im Baskenland wurden gestern Befürchtungen laut, ETA könnte nach dem Schlag gegen ihre Führung die Waffenruhe überdenken. Reiner Wandler
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