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Prenzlauer Berg wird sozialistisch

■ Bezirksparlament beschließt Festlegung der Mietobergrenzen über den gesamten Zeitraum der Sanierung. Bislang lag Lichtenberg mit sieben Jahren Bindung vorne. Bausenator Jürgen Klemann will den umstritten

Seit Mittwoch abend drehen sich die Uhren in Prenzlauer Berg gegen den Uhrzeigersinn. Mit der denkbar knappen Mehrheit von 16 zu 15 Stimmen bei fünf Enthaltungen beschloß die Bezirksverordnetenversammlung die Einführung von Mietobergrenzen für den gesamten Zeitraum der Festlegung der fünf Sanierungsgebiete.

Damit sind die Mieten statt bislang nur ein Jahr künftig bis zu 15 oder 20 Jahre gekappt. Für die Betroffenenvertretungen der Sanierungsgebiete, die den Antrag eingebracht haben, ist das ein Überraschungssieg. Nach dem Eiertanz der letzten Jahre, heißt es in einer ersten Stellungnahme, sei damit endlich der Weg zu einer sozialverträglichen Sanierung geöffnet. Die grüne Baupolitikerin Babara Oesterheld nannte den Beschluß „super“ und „besser als erwartet“.

Die Abstimmung war mit großer Spannung erwartet worden. Bis zuletzt sah es so aus, daß sich ein vom Sanierungsträger S.T.E.R.N. mit der Baustadträtin Dorothee Dubrau (Bündnis Prenzlauer Berg) ausgehandelter Kompromiß durchsetzen würde. Demnach sollten die Mietobergrenzen künftig drei Jahre lang gelten. Dubrau selbst plädierte dann aber überraschend für eine Verlängerung auf fünf Jahre. Der Mehrheit der Bezirksverordneten war aber auch das zu wenig. Immerhin hatte eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie ergeben, daß in privatsanierten Häusern nach Abschluß der Bauarbeiten nur noch die Hälfte der Mieter bleiben konnten.

Die Mietobergrenzen sind seit längerem der einzige Hebel, mit dem sich die Bezirke gegen teure Modernisierungen wehren können. Bislang war ihre Dauer allerdings auf ein bis zwei Jahre nach Abschluß der Sanierung begrenzt. Danach konnten die Eigentümer die Miete wieder regulär erhöhen. Weil bis Ende dieses Jahres noch die Sonderabschreibung für Altbausanierung gilt, haben viele Vermieter den Begrenzungen bislang zähneknirschend zugestimmt.

Seitdem der Bezirk Lichtenberg aber im vergangenen Jahr die Dauer der Obergrenzen auf sieben Jahre angehoben hat, ist ein neuer Streit um das Instrument entbrannt, das in Eigentümerkreisen immer wieder als „Investitionshemmnis“ bezeichnet wird. Dennoch will die Bauverwaltung den über das Lichtenberger Modell hinausgehenden Beschluß akzeptieren. „Wir werden einen entsprechenden Beschluß des Bezirksamts nicht aufheben“, sagte der für Stadterneuerung zuständige Gruppenleiter Dieter Geffers. Widersprüche der Eigentümer würden aber nach wie vor in seinem Hause per Einzelfallprüfung entschieden. Bislang sei es aber erst zu 15 solcher Verfahren kommen.

Der Beschluß in Prenzlauer Berg könnte auch für andere Bezirke richtungsweisend sein. In Friedrichshain und Mitte steht die Festlegung der Mietobergrenzen nämlich noch aus. Uwe Rada

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