: Truppen auf Borneo verstärkt
■ Die indonesische Regierung schickt über 700 zusätzliche Soldaten und Polizisten nach West-Kalimantan, um die Unruhen zu beenden. Dort sind 23.000 Menschen auf der Flucht
Singkawang (rtr/AFP) – Die indonesische Regierung hat gestern die Militär- und Polizeikräfte in der von schweren Unruhen erschütterten Provinz West-Kalimantan auf Borneo verstärkt. Nach Angaben der Behörden hielten die Spannungen in dem Gebiet um Sambas an, neue Gewaltausbrüche habe es jedoch nicht gegeben. Die Zahl der bei den ethnischen Unruhen getöteten Personen wurde von der Polizei mit 165 angegeben.
Rund 13.000 Menschen seien inzwischen vor der Gewalt aus der Region Sambas in die nördlich gelegene Provinzhauptstadt Pontianak geflüchtet. Insgesamt seien 23.000 Maduresen aus ihren Dörfern geflohen. Die Hälfte von ihnen befinde sich noch in Flüchtlingslagern, die andere Hälfte sei bereits in der Provinzhauptstadt Pontianak.
In Teilen West-Kalimantans gingen die einheimischen Volksgruppen der Malaien und Dayaks in den letzten Tagen mit Speeren und Macheten gegen die Minderheit der eingewanderten Maduresen vor und brannten ihre Häuser nieder. Die Zuwanderer waren vor Jahren durch die Regierung von der vor Ostjava gelegenen Insel Madura nach Kalimantan umgesiedelt worden. Die Dayaks, deren Lebensraum im Dschungel durch Holz- und Plantagenwirtschaft immer mehr eingeengt wurde, fühlen sich durch die Maduresen an den Rand gedrängt.
Gestern trafen 745 Soldaten und Polizisten in Pontianak mit Flugzeugen ein und wurden in die Region Sambas in Marsch gesetzt, wo bereits etwa 2.000 Mann stationiert sind. Armeegeneral Sugiyono erklärte, obwohl die Unruhen nachgelassen hätten, bestehe die Notwendigkeit zur Verstärkung der Sicherheit.
Augenzeugen berichteten aus dem Unruhegebiet, nach wie vor streiften mit Speeren und Macheten bewaffnete Männer durch die Straßen. Zu neuen Übergriffen sei es nicht gekommen. Die Polizei teilte mit, bei Durchsuchungsaktionen seien Tausende Speere und Macheten beschlagnahmt worden.
In der Region Rambaian waren gestern 4.000 Maduresen von Tausenden Malaien und Dayaken umzingelt. Wie der Polizeichef West- Kalimantans mitteilte, versuchte die Armee, die Maduresen mit Hubschraubern auszufliegen.
In Indonesien gibt es etwa 300 verschiedene ethnische Gruppen. In den vergangenen Monaten ist es wiederholt zu schweren Unruhen in mehreren Teilen der riesigen Inselrepublik gekommen. Ursache sind meist wirtschaftliche und soziale Probleme infolge der schweren Wirtschaftskrise in dem südostasiatischen Land. Der Zorn der Menschen richtet sich dabei häufig gegen Minderheiten.
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