: Die einzige Erkenntnis für Möller-Nielsen heißt Bode
■ Beim 3:0 entsetzt das DFB-Team Belfasts Knirpse – beunruhigt aber die Finnen kaum
Belfast (taz) – Was ist denn nun das 3:0 der DFB-Fußballer in Belfast gegen Nordirland wert? Sagen wir so: Es wurde gegen eine Mannschaft erzielt, die gerade mal Zweitliganiveau hatte. Nur zwei Nordiren sind Stammspieler in der höchsten englischen Liga, die anderen sitzen samstags auf der Reservebank oder kicken in den unteren Klassen. Soviel dazu.
Die nordirischen Zeitungen hatten vor dem Spiel das deutsche Team überraschend der Weltklasse bezichtigt, Malcolm Brodie, der berühmte nordirische Fußballreporter, will nicht an eine Krise des deutschen Fußballs glauben. Er verfolgt die deutschen Spiele seit 1954. „Vergeßt die Gerüchte über den Niedergang“, schrieb er. „Wenn es um etwas geht, dann sind sie in einer anderen Liga.“
Wer das Spiel gesehen hat, mag ihm trotz des glatten Ergebnisses nicht ganz recht geben. Andere Liga als Nordirland, ja, aber sonst? Die Knirpse einer Grundschulklasse etwa, die auf den teuersten Plätzen saßen, waren entsetzt. „Hey, der kann ja nicht mal den Ball stoppen“, rief einer, und in den ersten zehn Minuten waren die technischen Fehler der deutschen Spieler tatsächlich verblüffend. Auch Torhüter Oliver Kahn war gewohnt unsicher, so daß die Schulbuben ihn „Cinderella“ tauften – Aschenputtel.
Nach dem ersten deutschen Angriff, der aufgrund der winzigen nordirischen Verteidiger durch Marco Bodes Kopfball gleich zum 1:0 führte, war es jedoch mit dem Schwung der Gastgeber vorbei, und es gelang ihnen auch während des restlichen Spiels nicht, die deutlichen Schwächen der deutschen Abwehr auszunutzen.
Die Nordiren sind überhaupt höfliche Gastgeber gewesen: Deutschland befinde sich in einer Übergangsphase, sagte Trainer Lawrrie McMenemy: „Aber sie haben die Fähigkeit, ganze Mannschaftsteile auszutauschen.“ Alle „großen Teams“ hätten das. Nicht, daß die Deutschen schon ein großes Team wären, fügte er dann doch hastig hinzu. Torhüter-Debütant Maik Taylor fand sein erstes Spiel „phantastisch“ und sich unschuldig an den drei Toren. Taylor ist in Deutschland geboren, und vor ein paar Jahren war er als Soldat der britischen Armee in Fallingbostel stationiert. Die deutschen Profis seien „groß und stark“, sagte er, und bald würden sie „wieder eine Macht“ sein.
Das wird Teamchef Erich Ribbeck freuen. „Jetzt können wir durchatmen“, sagte er. Der große Druck sei weg. Aber nun hat Ribbeck längst das Spiel gegen Finnland am Mittwoch im Hinterkopf, und deshalb sei auch der Druck gleich wieder da. Der finnische Nationaltrainer Richard Möller-Nielsen, Augenzeuge in Belfast, scheint jedenfalls nicht sonderlich beeindruckt. Die Deutschen seien so effizient gewesen, wie man sie kenne, sagte er vorsichtig. Irgendwelche neuen Erkenntnisse aus dem Spiel? „Ja, Bode. Den hatte ich noch nie gesehen.“ Und seine Taktik am Mittwoch? „4711“, sagt er, mehr will er nicht verraten. Nur soviel: „Wir werden uns nicht hinten reinstellen.“
Die Belfaster Kids kamen nach dem Spiel doch noch auf ihre Kosten. Die erleichterten deutschen Spieler schrieben fleißig Autogramme. Nur Lothar Matthäus nicht, er schob sie grantig beiseite. Mit 38 ist man nach einer Halbzeit vermutlich einfach ziemlich ausgepumpt. Ralf Sotscheck
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