piwik no script img

Fähigkeiten sinnvoll nutzen

Ob beruflicher Neuanfang oder Einstieg in den Arbeitsmarkt: Coaching heißt das Zauberwort der individuellen Orientierungshilfe  ■ Von Stefanie Heim

Probleme am Arbeitsplatz, Unzufriedenheit mit dem beruflichen Werdegang, Perspektiv- oder gar Arbeitslosigkeit? Sie sollten sich mal „coachen“ lassen. Was dem Leistungssportler lieb ist – der Trainer analysiert Talent und Kondition seines Schützlings und fördert die spezifische Entwicklung – war amerikanischen Managementtrainern billig: Sie haben das Coaching als Methode aufgegriffen.

„Das ist eine kurze und knackige Angelegenheit, fokussiert auf den beruflichen Bereich“, sagt EFA-Psychologin Ilona Wilhelms. Seit einem Jahr wird bei der „Informations- und Beratungsstelle Frau und Beruf“ gecoacht. Standard ist zwar weiterhin die kostenlose Beratung, die EFA als erste Hilfe bei Umorientierung oder Krisen im Beruf bietet. Doch immer mehr Frauen in leitenden Positionen, so Wilhelms, entschließen sich zu einer längeren Begleitung. In bis zu zehn Sitzungen wird dann zunächst der persönliche Lebenshintergrund unter die Lupe genommen mit dem Ziel, die vorhandenen Fähigkeiten zu stärken. „Motivation und Mitarbeit spielen dabei eine große Rolle“, kommentiert Wilhelms den Erfolg ihrer Arbeit, „denn die Frauen kommen aus eigenen Stücken zu uns.“

Den eigenen Wahrnehmungen wieder zu trauen, das will auch Axel Keller erreichen, der die Firma „Kellax-Consult“ betreibt. Maximal fünf Treffen seien nötig, um Menschen in beruflichen Konfliktsituationen Entscheidungshilfen zu geben. „Jeder hat die Ressourcen, die er braucht, in sich“, sagt Diplom-Soziologe Keller und erzählt von einer Klientin: Die Mitarbeiterin in einer Werbeagentur wußte zwar um ihre Qualitäten als Grafikerin, glaubte aber, nicht akquirieren zu können. Im Coaching stellte sich heraus, daß sie lediglich ein anderes Bild vom Verkaufen hatte als ihr Chef, der bemängelte, daß sie niemanden über den Tisch ziehen könne. Solcherart gestärkt kündigte sie und machte sich mit einer eigenen Agentur selbständig.

Eine Therapie, da sind sich die TrainerInnen einig, ist das Coaching nicht, sondern, wie es Axel Keller formuliert, „Hilfe zur Selbsthilfe“. Ob eher psychologische Hilfe angebracht ist, findet auch Regina Boiting von Profil im Erstgespräch heraus. Die diplomierte Soziologin und Sozialtherapeutin ist Coach mit dem Schwerpunkt „berufliche Veränderungsprozesse“. Die beginnen mit einer Zielanalyse und der Festlegung einzelner Schritte, bis die Balance aus persönlichem Wohlbefinden und beruflicher Zufriedenheit erreicht ist. „Das kann ein langer Prozeß sein, es gibt aber auch Situationen, in denen zwei Treffen alles klären“, weiß Boiting und bietet als Einstieg Wochenendseminare in einer kleinen Gruppe mit einem Einzelgespräch als Abschluß.

Aber auch die Arbeitssuche selbst soll durch das individuelle Training erleichtert werden. „Die Fähigkeit, sich erfolgreich zu bewerben, ist eine Schlüsselqualifikation geworden“, sagt beispielsweise Annelie Stach, Projektleiterin vom „Job-In-Club“. Diese Initiative der Deutschen Angestellten-Akademie (DAA) und dem Berufsfortbildungswerk (bfw) wird vom Arbeitsamt Hamburg finanziert, umsonst Mitglied werden kann, wer länger als zwölf Wochen arbeitslos ist und in kaufmännischen oder ähnlichen Dienstleistungsunternehmen gearbeitet hat. Das Angebot ist groß: Nach einem Grundlagentraining in der Gruppe, bei dem am Ende eine Bewerbungsmappe, das eigene Stellengesuch in der Job-In-Internetbörse sowie EDV-Grundlagen stehen, folgen Seminare und persönliches Coaching – bis zu drei Monate wird der Arbeitslose betreut.

Auch Studenten und studentische Berufseinsteiger werden nicht allein gelassen: Das Hochschulteam vom Arbeitsamt berät, trainiert Präsentationstechniken und klärt über den Arbeitsmarkt und die ersten 100 Tage im Job inklusive Vertrag, Probezeit und Hierarchien auf. Coaching-Charakter haben die kostenlosen Wochenendseminare: In kleinen Gruppen stellen sich die Jobsuchenden vor, für die das Plenum berufliche Perspektiven entwickelt. „Das wird wahnsinnig gut angenommen“, erzählt Annedore Bröker, Juristin und Beraterin des Hochschulteams, „häufig werden die vorgeschlagenen Ziele dann auch weiterverfolgt.“

Perspektiven, Ziele, Schritteplan – so funktioniert auch der Coaching-Prozeß von Dirk Krumm, Sozialpädagoge beim Kirchlichen Dienstin der Arbeitswelt (KDA). Allerdings: „Einige springen nach dem Telefongespräch schon ab, wenn sie merken, wie schnell es wirklich Veränderungen in ihrem Leben geben wird,“ sagt Krumm.

EFA – Informations- und Beratungsstelle Frau und Beruf e.V. –, Tel.: 390 29 24;

Kellax Consult – Analyse, Beratung, Training –, Tel.: 43 20 91 40;

Profil – Seminare, Beratung, Coaching –, Regina Boiting, Tel.: 89 10 08;

Job-In-Club, kaufmännischer Bereich: Annelie Stach, Tel.: 25 15 29 32; gewerblich-technischen Bereich: Marc Schänzer, Tel.: 78 85 60

Hochschulteam Hamburg, Tel.: 24 85 22 33

Kirchlicher Dienst der Arbeitswelt, Tel.: 30 62 32 15

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen