: Au lait, oläoläolä!
■ Bremer Kaffeeröster Azul wird 50 Jahre alt
Was tat Walter Fritz Wolters seinerzeit in der Gefangenschaft? Las er Faust II.? Schnitzte er Löffel? Pflanzte er neben der Latrine Tabak an? Nein. Walter Fritz Wolters dachte – hierin typischer Hanseat – über die Zukunft des Kaffeegeschäfts nach. Es zeugt von großem unternehmerischen Weitblick, daß Herr Wolters schon während der Gefangenschaft im Krieg erkannte, daß die Zukunft im Kaffee mehr auf der Rösterseite als auf der Rohkaffeeseite lag, jubelt die Presseabteilung der Bremer AZUL Kaffee & Co. KG aus Anlaß des 50. Firmenjubiläums. Am 11.3.1994 gründete der Rohkaffeeimporteur Wolters die Rösterei, woraus aus irgendwelchen Gründen folgt, daß vorgestern, am 1. April, Geburtstag war.
Es mag sich schon so mancher gefragt haben: Warum schmeckt daheim der Kaffee nicht? Jedenfalls nicht so wie im Café? Dafür gibt es neben tausend überzeugenden Gründen einen wirklichen: Unsereiner kommt nicht an das richtige Ausgangsmaterial. Die junge Firma Azul-Kaffee konzentrierte sich von Beginn an auf die Belieferung der gehobenen Gastronomie. Man spricht heute von Qualitätsphilosophie. Der Gast dankt es. Er verhalf zu stetiger Umsatzsteigerung (1960: 10 Mio, 1998: 63 Mio). Heute, da der Geschäftsführer längst Helmut Reining heißt, verdient man allerdings so manche Mark nebenher mit Tee, Trinkschokolade, Kaffeesahne, Zucker, Suppen, Finanzierung von Kaffeemaschinen, Speisekartenentwurf und-undund. Ganz neu: Die traditionellen Brühkaffeesorten wurden ergänzt um ein Paket von Maßnahmen für den jungen Kaffeetrinker. „Herr Ober,“ ruft der junge Kaffeetrinker, „eine Maßnahme bitte! Aber geschwind!“
Zum Schluß noch zwei Lobe und ein Tadel für AZUL. Erstes Lob: AZUL widerstand den Verlockungen der Berlinförderung und verschwand nicht von der Weser an die Spree, als andere Röster hastewaskannste nach Berlin abdampften. Zweites Lob: AZUL betreibt eine Außenstelle der Bremer Werkstätten mit zehn Behinderten, und da ist es immer wieder eine Freude zu sehen, wie wohl sich gerade diese Gruppe fühlt. Und jetzt der Tadel: 1997 hat sich AZUL dem Lederhosenröster Dallmayr an den Hals geschmissen und alle Geschäftsanteile nach München verkauft. Tja.
BuS
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