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Sieben Wochen Klappe halten

■ CDU und Junge Union demonstrieren Einheit für den Wahlkampf / JU fordert auf ihrem Parteitag NPD-Marschverbot

Als „Motor der CDU“ versteht sich die Junge Union (JU) in ihrer Wahlplattform für die anstehende Bürgerschaftswahl. Inhaltlich aber wird dieser Motor im Interesse eines erfolgreichen Wahlkampfes die nächsten sieben Wochen eher untertourig laufen. Bis zum 6. Juni herrscht Burgfrieden in der Bremer CDU.

Die Differenzen mit der Mutterpartei sind vorerst auf Eis gelegt, erklärte der JU-Landesvorsitzende Andreas Windler beim gestrigen Landestag des Parteinachwuchses. „Wir sind der Ansicht, daß wir zusammen viel reißen können.“

Kein böses Wort mehr über den Frust in der Jungen Union, als ihre Vertreter im vergangenen Dezember auf miese Listenplätze für die Wahl abgeschoben wurden. Kein böses Wort mehr zum Innensenator, der den JU-Vorstoß zur ärztlichen Verabreichung von Heroin an Schwerstabhängige weiterhin ignoriert.

„Nach der Wahl werden wir natürlich aufarbeiten, was nicht optimal gelaufen ist“, räumte Windler ein. JU-Mann Jörg Jäger, Abgeordneter in der Bremer Bürgerschaft, betonte dagegen: „Wir wollen erstmal zusammen einen fröhlichen Wahlkampf führen.“

Schließlich sieht die CDU in der demonstrativen Einigkeit ein Pfund, mit dem sie bei der Bürgerschaftswahl wuchern kann. Davon wollte auch Bremens CDU-Bürgermeister Hartmut Perschau die Zweifler in den Tagungsräumen im Bremer Flughafen überzeugen. SPD- und Grünen-Basis – „eine diffuse Schar von Pazifisten“ – seien wegen des Kosovo-Konflikts innerparteilich zerstritten, erklärte er. „Die CDU dagegen ist die einzige Partei, die einig zu ihren Grundsätzen steht.“

Mit diesem „Rückenwind aus Bonn“ seien die Chancen der Bremer CDU für die Bürgerschaftswahl laut Perschau so gut wie nie zuvor. „Wir können die stärkste politische Kraft im Land werden.“

Auch mit dem Blick auf die Landespolitik versuchte Perschau, dem Parteinachwuchs den Einheitskurs schmackhaft zu machen. Trotz aller Willensbekundungen von Henning Scherf sei die Große Koalition ja längst nicht sicher. „Die SPD-Basis will Rot-Grün.“ Und davor gruselt es den JU-Mitgliedern noch mehr als davor, bei parteiinternen Meinungsstreitigkeiten den Kürzeren zu ziehen.

Bei ihrem Landestag verabschiedete die Junge Union dann auch keine Wahlkampfinhalte, die der Mutterpartei Bauchschmerzen bereiten könnten. Weg mit der Gesamtschule und der Orientierungsstufe, dafür die Gymnasien stärken – das will auch die ältere Partei-Generation.

Der Antrag für die sogenannte „Lebenspartnerschaft“, mit der gleichgeschlechtliche Paare einen Rechtsstatus erlangen sollen, wurde mit dem Hinweis entschärft: „Die gesetzliche Verankerung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft bedeutet nicht, daß der Leitbildcharakter der Ehe ... an Wichtigkeit und Funktion verliert.“

Einzig die geforderte Förderung von Photovoltaik-Anlagen und weiteren Windparks weicht erheblich von den Leitlinien der Mutterpartei ab.

Außerdem forderte die JU den Innensenator mit einem Initiativ-Antrag auf, den geplanten NPD-Aufmarsch am 1. Mai in Sebaldsbrück zu verbieten. Zudem kündigte sie an, den CDU-Wahlkampf mit einer Mitgliederinitiative zu unterstützen. Bis zum Jahresende will man 99 neue Jung-Unionisten werben. Angesichts dieses Treuebeweises konnte es sich Perschau sogar erlauben, alte Differenzen wie den Streit um die Listenplätze in seiner Rede schelmisch in eine CDU-Tugend umzumünzen: „Wenn wir eine Partei wären, wo nicht der kämpferische Geist da ist und die Bereitschaft zur Auseinandersetzung, dann wären wir ja so wie die Grünen: Alt, grau und müde.“

Brav klatschen da die versammelten Vertreter der Jungen Union, die bei jenem parteinternen Streit unterlagen. Einzig an düsteren Gesichtern und hängenden Köpfen war abzulesen, daß manch einer nur schweren Herzens dem Einheitskurs folgen wird. L.R.

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