: Bremen verletzt Naturschutz-Recht
■ Der Bremer BUND kündigt eine EU-Beschwerde gegen die Verletzung des Vogelschutzes in Brokhuchting an / Auch beim Flora- und Fauna-Schutz verfährt Bremen streng illegal
Die Naturschützer vom BUND werden bei der Europäischen Union förmlich Beschwerde einreichen gegen den Versuch, den Bebauungsplan in Brokhuchting in bestehende Vogelschutzgebiete hinein zu verändern. Das kündigte gestern BUND-Vertreter Martin Rode an.
Aber nicht nur beim Vogelschutz liegt Bremen mit der EU im Clinch, Bremen ist bisher auch der Meldepflicht von Flora- und Fauna-Schutzgebieten nach der „FFH-Richtlinie“ nicht nachgekommen. In dem bereits laufenden Klageverfahren der EU gegen Deutschland wegen der ausbleibenden FFH-Anmeldung leistete der BUND nun auch der EU sachkundige Hilfe: In einer „Schattenliste“ führte der BUND die elf Gebiete auf, die nach europäischem Recht unter den Schutz der „FFH-Richtlinie“ gestellt werden müßten. Die Liste wurde sowohl dem zuständigen Bundesamt für Naturschutz wie direkt der EU zur Kenntnis gegeben. Diese „Schattenliste“ ist im Bremer Naturschutzrat in Anwesenheit der Vertreter der Bremer Naturschutzbehörde diskutiert und für gut befunden worden. In der Klageschrift der EU ist auch der Bremer „Fall“ ausdrücklich aufgeführt, daher macht das Bundesamt für Naturschutz Druck auch auf Bremen; alle Experten gehen davon aus, daß Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Verstoßes gegen die FFH-Richtlinie verurteilt wird.
In dem Falle des Vogelschutzes in Brokhuchting ist die Verletzung von Naturschutz-Recht eine Stufe weiter vorangeschritten. Vor Jahren hatte die Bremer Umweltbehörde korrekterweise schützenswerte Vogelbestände dort der EU gemeldet. Um Teile des Schutzgebietes dennoch bebauen zu können, hatte die große Koalition 1995 die Verkleinerung des Schutzgebietes bei der EU beantragt. Seitdem zieht sich das Verfahren hin, erst kürzlich, also vier Jahre später, sind allerdings die vollständigen Unterlagen dafür in Brüssel eingegangen. In einem Brief vom 16.1.1998 hatte die EU-Kommission eine endgültige Stellungnahme zu dem Vogelschutz-Problem „unter anderem von der Benennung bremischer FFH-Gebiete abhängig gemacht“, hatte der Umweltsenator dem Senat vor einem Jahr mitgeteilt. Die beiden Themen hängen also politisch eng zusammen.
Bremen denkt dennoch nicht daran, weitere Flora-Fauna-Schutzgebiete zu melden; der Beschluß aus dem vergangenen Jahr, nur das Naturschutzgebiet Wümmewiesen zu benennen und diese Frage für das Hollerland noch einmal gutachterlich zu prüfen, sei „abschließend“, erklärte Holger Bruns, der Sprecher der Senatorin. Für die Prüfung ist bis heute nicht einmal ein Gutachter bestellt.
Für das auffällig ungeschickte Verhalten der Bremer Koalition in Sachen Brokhuchting hat der BUND nur eine Erklärung: „Da wird das EU-Naturschutzrecht zugunsten eines Spekulanten ausgehebelt.“ Hintergrund dieser Andeutung: Einer der größeren Grundstückseigentümer in Brokhuchting ist der CDU-Politiker und frühere Bürgerschaftsabgeordnete Tölke-Bochers; die landwirtschaftlich genutzten Flächen laufen auf den Namen seiner Frau. K.W.
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