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■ KommentarFolgenlos Untersuchungsausschüsse haben ihren Sinn verloren

Nun hat er also begonnen, der Untersuchungsausschuß zu den Schüssen am israelischen Generalkonsulat. Die Opposition hat viele der entscheidenden Fragen in Agenda durchsetzen können, und der bündnisgrüne Wolfgang Wieland führt den Vorsitz. Keine schlechten Voraussetzungen eigentlich, um die Ereignisse am 17. Februar aufzuarbeiten.

Und dennoch: So richtig will sich diese Hoffnung nicht einstellen. Auch am Ende dieses Ausschusses werden die drängendsten Fragen wohl offenbleiben. Diese Zweifel haben nicht nur damit zu tun, daß die beiden Schützen längst außer Landes sind und auch die Öffentlichkeit nur wenig Interesse gezeigt hat, über anderes zu reden als den „Sturm“ der Kurden. Es geht auch um die Aktualität der Institution parlamentarischer Untersuchungsausschuß.

Noch vor einigen Jahren galt die Forderung nach einem solchen Ausschuß als eine der schärfsten Drohungen der Opposition. Entsprechend war das Bemühen der Regierungsfraktionen, solches zu verhindern. Heute freilich kann von Drohung keine Rede mehr sein. Bestes Beispiel ist der Untersuchungausschuß zum FC Union: 12 Millionen Mark hat das Land in den Köpenicker Sand gesetzt, weil die politisch gewollte Sanierung des Ostberliner Fußballvereins gescheitert ist. Im entsprechenden Ausschuß galt es unter anderem zu klären, ob die Finanzssenatorin oder ihr Staatssekretär über den Deal Bescheid wußten. Als das aber mit einem eindeutigen Ja geklärt war, war der Ausschuß mit seinem Latein zu Ende.

Mit diesem Dilemma, Fakten zwar ans Licht zu bringen, aber gleichzeitig mit ansehen zu müssen, daß diese Fakten so gut wie keine politischen Konsequenzen haben, sind die Untersuchungsausschüsse auch ein Seismograph für die sich verändernden politischen Verhältnisse. Es geht nicht mehr um Fakten, um Wahrheit oder Lüge, sondern darum wie man Fakten – oder Wahrheit, respektive Lüge – verkauft.

Das ist wohl auch der Grund, warum heute auch Regierungsparteien den einst so gefürchteten Gremien zustimmen. Sie bieten eine Plattform mehr, Stoff für so manche Talkshow und dem Unterlegenen Raum für ein Minderheitenvotum. Uwe Rada

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