: Viele Vorschläge für die deutschen AKW
■ Atomkonsens: Regierung verhandelt, Konzern will Transporte
Hannover (taz) – Bundeswirtschaftsminister Werner Müller führt nach Angaben seines Ministeriums derzeit intensive Einzelgespräche mit den Betreibern der deutschen AKW. Laut Insidern will die Bundesregierung im Atomgesetz eine lange Laufzeit bis etwa 2030 festschreiben – in Form einer Höchstbetriebsdauer. In einem öffentlich-rechtlichen Vertrag soll dann aber eine Betriebsdauer von 30 Jahren mit den betroffenen Stromkonzernen vereinbart werden. Das könnte einen vollständigen Ausstieg aus der Atomenergie bis zum Jahr 2020 bedeuten. Das Gesetz soll so formuliert werden, daß nicht in Eigentumsrechte der Betreiber eingegriffen wird. Mit dem zusätzlichen privaten Vertrag will vor allem das Wirtschaftsministerium den Gang der Stromkonzerne und ihrer Aktionäre vor das Verfassungsgericht vermeiden. Ob ein AKW noch in dieser Legislaturperiode abgeschaltet wird, wie von den Grünen immer gefordert, ist damit unklar.
Der Düsseldorfer Veba-Konzern, Besitzer des AKW-Betreibers PreussenElektra, weist jedoch darauf hin, daß über die Frage der Laufzeiten mit der derzeitigen Bundesregierung noch gar nicht gesprochen worden sei. Es gebe auch noch keine Antwort der Bundesregierung auf ein Angebot der Veba zu einem Neuanfang in den seit März unterbrochenen offiziellen Konsensgesprächen. Anscheinend sollen die Runden erst wieder stattfinden, wenn hinter den Kulissen ein Kompromiß ausgehandelt wurde. In öffentlichen Statements trommeln die Konzerne derzeit eher um die Wiederaufnahme der Atomtransporte. Die wurden 1998 noch von Umweltministerin Angela Merkel gestoppt, weil die Grenzwerte für Strahlung an der Containeraußenhaut überschritten wurden. Hier droht PreussenElektra laut Spiegel mit Schadenersatz, wenn nicht bis Ende August abgebrannte Brennelemente aus dem Elb-AKW Stade in die WAA nach Frankreich gefahren werden. Denn in Stade sei das Lagerbecken voll, es drohe ein außerplanmäßiges Abschalten der Anlage. Ein ähnlicher Engpaß herrscht angeblich auch bei den Meilern Biblis, Philippsburg und Neckarwestheim.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) kann jedoch derzeit keine Transporte genehmigen, weil die Behälter der Franzosen keine Zulassung mehr haben. Diese Zulassung ist laut BfS bis jetzt aber noch von niemandem beantragt worde. Vor einer Genehmigung muß nämlich klargestellt werden, wie künftig die Kontaminationen an der Außenhaut vermieden werden sollen. Trotz Konsensbemühungen will das zuständige Bundesumweltminsterium hier auf keinen Fall einen „Sicherheitsrabatt“ gewähren. ü.o.
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