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Debatte

Brauchen wir eine linke Stimme?  ■ Von Waldemar Klischies

Bremen debattiert die Wahl – wir haben eine Reihe von egagierten Personen, die nicht selbst zur Wahl stehen, gebeten, uns ihre Meinung prägnant aufzuschreiben (s.a. Seite 23 / Fortsetzung morgen)

Wer auf der Veranstaltung auf dem Markt in Bremen mit Gerhard Schröder die fanatisierten PDS-fahnenschwingenden „Mörder“-Schreier erlebt hat, der wurde an den Mordanschlag auf Rudi Dutschke erinnert. Ein aufgehetzter fanatisierter Schwachkopf versuchte damals, einen als gefährlich dämonisierten Studentensprecher auszuschalten. Es bleibt zu hoffen, daß die PDS-Hetze bisher „nur“ einen Farbbeutelwerfer auf Joschka Fischer und Schreihälse hervorgerufen hat und nicht Schlimmeres passiert.

Daß gerade die SED-Nachfolgepartei PDS mit einem für bremische Verhältnisse außerordentlichen Materialaufwand versucht, u.a. durch ganz infame Diffamierungen von Grünen-Politikern Stimmengewinne in Bremen zu erzielen, ist schon bedrückend. Die PDS-Verantwortlichen sind offenbar in der Demokratie noch nicht angekommen, wo man miteinander hart aber menschlich auch streitet, den politisch Andersdenkenden aber nicht als Mörder oder Kriegs-treiber verdammt.

Links ist nicht Fanatismus, Ideologie, Intoleranz, Diffamierung Andersdenkender, sondern politisches Engagement für die Schwachen, Verfolgten, Bedrohten, für die Menschenrechte. Den in der Verantwortung in Bonn stehenden Linken gelingt es jetzt offenbar, Mord, Vertreibung und Krieg zu beenden – mit unendlichem Engagement und großer Kompetenz. Wer diese Männer und Frauen als Kriegstreiber und Mörder diffamiert, disqualifiziert sich endgültig auch in Bremen für eine Teilnahme am politischen Geschehen.

Tatsächlich erschöpft sich die PDS-Wählerschaft in der alten DKP-Anhängerschaft: Bundestagswahl 1994: 2,73%, Bürgerschaftswahl 1995: 2,37%; Bundestagswahl 1998: 2,44%. Es bleibt zu hoffen, daß die PDS nicht nach unverantwortlicher Hetze auf politisch Andersdenkende als „Kriegsgewinnler“ aus dem Kosovo-Konflikt hervorgeht.

Waldemar Klischies, SPD-Mitglied, vor Jahren eimal Senatsdirektor im Innenressort, ist Rechtsanwalt in Bremen.

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