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Das PortraitEin ehrgeiziger Nachfolger

■ Andreas Michaelis

Ein Überraschungskandidat war Andreas Michaelis, der neue Sprecher des Auswärtigen Amtes, nur für Uneingeweihte. Schon kurz nach der Bundestagswahl hatte Joschka Fischer mit Michaelis' Vorgänger Martin Erdmann dessen Ablösung nach dem Ablauf der deutschen EU-Ratspräsidentschaft vereinbart. Gleichzeitig setzte der Außenminister Andreas Michaelis als Stellvertreter ein und bereitete ihn so auf die Nachfolge als Chefpressesprecher vor.

Andreas Michaelis, vierzig Jahre alt, ist verheiratet mit einer Lehrerin und Vater von drei Kindern im Grundschulalter. Er begann seine Ausbildung im Auswärtigen Amt 1989. Nach einem Inlandseinsatz folgte 1992 ein dreijähriger Aufenthalt in Tel Aviv als politischer Referent. Dort soll Michaelis seinen schon damals gerne reisenden späteren Chef Joschka Fischer kennengelernt haben. Im Juni 1995 kehrte der gebürtige Hannoveraner wieder nach Deutschland zurück und arbeitete im Menschenrechtsreferat des Auswärtigen Amtes. Früh hat er sich dort als einer von wenigen Grünen-Sympathisanten geoutet. Zum Jahreswechsel 1997/98, als das Amt noch fest in liberalen Händen schien, gründete sich eine Grünen-Gruppe. Michaelis war an der Gründung maßgeblich beteiligt – „deswegen hat ihn Fischer auch genommen“, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter.

Der neue Pressesprecher, der als Stellvertreter des raumgreifenden Vorgängers Martin Erdmann bisher wenig öffentliches Profil entwickelt hatte, wird als zielstrebig und karriereorientiert beschrieben – man habe ihn sich schon vor Jahren in seiner jetzigen Position vorstellen können. Hervorgehoben wird allerdings auch seine Verbindlichkeit im Ton und seine angenehmen Umgangsformen. Im Haus hatte sich Michaelis Respekt erworben, als er nach einem Hubschrauberunfall in Bosnien im September 1997, bei dem auch zwei deutsche Diplomaten gestorben waren, die offizielle Traueransprache gehalten hat.

Früher hat Andreas Michaelis, der einen Teil seiner Studienzeit in England verbracht hat, gerne Rugby und Fußball gespielt – seine Amtsübernahme ist jedoch vom manchmal rüden Charakter dieser Sportarten keineswegs geprägt. Zwischen dem scheidenden Erdmann und dem designierten Michaelis gab es während der Übergangszeit dem Vernehmen nach keinerlei Grabenkämpfe, die Zusammenarbeit sei im Gegenteil „sehr kollegial“ verlaufen. Bei Diplomaten keine Überraschung. Stefan Kuzmany

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