Gewinnspannen wie beim Drogenschmuggel

■ Nachdem die pakistanische Regierung Holzimporte aus dem benachbarten Afghanistan zugelassen hat, droht den Wäldern an der Grenze der Kahlschlag durch Abholzprofis

Kamele mit zwei mächtigen an die Seiten geschnallten Holzbalken werden an der Grenze zwischen Afghanistan und Pakistan wieder häufiger gesehen werden, nachdem die Regierung der pakistanischen Nordwest-Grenzprovinz (NWFP) vor wenigen Tagen Holzimporte aus dem Nachbarland zugelassen hat.

Dort hatte die Abholzung besonders seit dem sowjetischen Abzug 1989 „katastrophale Ausmaße“ angenommen. Ganze Wälder werden pauschal von der straff organisierten grenzüberschreitenden Holzmafia aufgekauft. Dann kommen pakistanische Abholzprofis, die in kürzester Zeit den Einschlag vornehmen, berichten in der Region tätige Europäer.

Dabei ist der Holzschmuggel keineswegs eine Einbahnstraße. Omer Asghar Khan von der Entwicklungsstiftung SUNGI verweist darauf, daß auch den NWFP-Stammesgebieten die Entwaldung droht, weil illegal Holz geschlagen, nach Afghanistan gebracht und später mit „gültigen“ Papieren reimportiert wird. Er und andere pakistanische Forstexperten kritisieren deshalb den Beschluß der NWFP-Regierung, dem auch die Zentralregierung in Islamabad zugestimmt hat. „Der Beschluß nützt Pakistan, hat aber den entgegengesetzten Effekt auf die natürlichen Ressourcen des kriegszerstörten Afghanistan“, sagte der frühere oberste NWFP-Waldschützer Khattak. Waren vor dem sowjetischen Einmarsch 1979 noch vier Prozent der Gesamtfläche Afghanistans bewaldet, ist davon kaum ein Zehntel übrig. Die Regierung hält die Steuereinnahmen für unverzichtbar.

Die noch bewaldeten Gebiete Afghanistans verteilen sich auf fünf Provinzen, die von den Taliban kontrolliert werden. Deren Haltung zum Holzschmuggel ist uneinheitlich. Ende Dezember untersagte Anführer Mullah Muhammad Omar persönlich per Dekret jegliche Abholzung, nachdem eine Delegation des einflußreichen Paschtunen-Stammes der Dzadzai bei ihm vorstellig geworden war. Die Gewinnspannen im Holzgeschäft sind ähnlich hoch wie im Drogenschmuggel: Bis Karatschi steigt der Holzpreis auf das 25fache und verdoppelt sich noch einmal auf den Zielmärkten am Golf und in Japan.

Thomas Ruttig