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Handschellen und Stöckelschuhe

20.000 Menschen auf der schwul-lesbischen Parade zum Christopher Street Day in Hamburg  ■ Von Babette Brandenburg (Fotos) und Magda Schneider

„Wir haben unser Ziel erreicht!“ Martina Vater, der lesbische Part im Organisationsteam des Christopher Street Day (CSD), zeigte sich zufrieden. 20.000 vornehmlich lesbische und schwule Menschen demonstrierten am Samstag zum 30. Jahrestag des traditionsreichen CSD in der City mit einer Parade gegen die Diskriminierung von Homosexuellen und für gleichgeschlechtliche Liebe.

Tausenden Voyeuren am Straßenrand bot sich ein buntes Bild. Von zwei Dutzend Lastwagen powerten scharfe Rhythmen die Stimmung an. Vom deutschen Schlager bis zu Techno-Klängen war alles zu hören. Manchen Passanten stockte beim Anblick in der Öffentlichkeit eher ungewohnter Bilder der Atem: zum Beispiel der Hardcore-Lesbe in US-„Special Police“-Uniform mit Handschellen und Gummiknüppel, die eng umschlungen mit ihrer Liebsten knutscht, der Kriegswitwen, die gegen die Bomben auf Belgrad mobil machen, der masochistischen Frau im Leder-Lackmini und Netzstrümpfen – an Ketten an ihren Macker gefesselt. Oder des tänzelnden Schwulenchors, im Schlepptau von Transvestiten auf hochhackigen Plateau-Stöckeln stets um Balance bemüht.

Vier Stunden lang zog die CSD-Parade von St. Georg aus durch die Stadt, bis sie in einem großen Straßenfest am Jungfernstieg endete. Die VeranstaltInnen zeigten sich nach der Parade über die öffentliche Resonanz sehr erfreut. Zwar hatte Radio Energy seine Sponsorenschaft kurz vor der Parade abgegeben, da es sich „unter Druck gesetzt“ fühlte.

Dafür übertrug N 3 die Parade zum großen Teil live im Fernsehen. In den Pausen talkte die Zweite Bürgermeisterin Krista Sager (GAL) über schwul-lesbische Themen und ließ sich sogar zum „trivialen Pogo“ animieren, während Grünen-Chefin Antje Radcke und SPD-Sozialsenatorin Karin Roth der Parade beiwohnten.

Begrüßt wurde auch die Unterstützung des CSD durch das Senatsamt für die Gleichstellung. Nach der rot-grünen Regierungsübernahme fühlt sich das Amt nach Angaben ihrer Sprecherin Ulrike Herrmann auch für die Belange der Homosexuellen verantwortlich; die Durchsetzung der Hamburger Ehe sei dafür ein Beleg. „Das ist unser Part in der Koalition,“ bekräftigte Herrmann. Die SPD könne nur „Überset-zungstätigkeit“ wahrnehmen, aber „als Volkspartei nicht der Motor sein“.

Daher freute sich Herrmann, daß durch die große Teilnahme am CSD „der Druck von unten für schwul-lesbische Themen verstärkt“ worden sei.

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