piwik no script img

Kraftzentrum im Norden

■ Hamburg, Schleswig-Holstein, Dänemark und Schweden wollen im südwestlichen Ostseeraum zusammenarbeiten

Am „String“ wollen sie alle hängen. Gestern gab Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) in Lübeck den Startschuß für ein von der EU gefördertes Kooperationsprojekt für den südlichen Ostseeraum. Ziel des Projektes ist es, durch Zusammenarbeit der beteiligten Regionen die Entwicklung des Gesamtraumes voranzutreiben, sagte Simonis auf der Eröffnungskonferenz. Bis 2001 wollen die Projektpartner ein transnationales Entwicklungskonzept für die Region erarbeiten.

Die Abkürzung „String“ steht für „Southwestern Baltic Sea Transregional Area – Inventing New Geography“ (Grenzüberschreitende Region südwestliche Ostsee – Schaffung einer neuen Geographie). An dem Projekt beteiligen sich die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein, zwei dänische Regionen sowie das dänisch-schwedische Öresund-Komitee. In der Gesamtregion leben rund 13 Millionen Menschen. Erklärter Zweck der Kooperation ist es, Möglichkeiten zu bündeln und Standortvorteile zu einer einheitlichen Strategie zusammenzufassen.

Um das zu erreichen, sollen die Potentiale in Forschung, Hochschule und Wirtschaft vernetzt sowie eine „Verdichtung durch neue Verkehrsinfrastrukturen“ geschaffen werden. Zu letzterer zählt vor allem die anvisierte Querung des Fehmarnbelts durch eine 15 Kilometer lange Brücke zwischen der deutschen Ostseeinsel und der dänischen Insel Falster. Zudem sollen „Ideen“ für die Entwicklung der ländlichen Räume zwischen den Metropolen Hamburg, Kopenhagen und Malmö gesammelt werden.

Hintergrund ist der Argwohn, mit dem Hamburg und vor allem Schleswig-Holstein seit geraumer Zeit die koordinierte Wirtschafts- und Verkehrsoffensive der nördlichen Nachbarn beobachten. Vor einem Jahr wurden die dänischen Inseln Seeland und Fünen durch eine 16 Kilometer lange Brücken-Tunnel-Kombination per Schiene und Straße miteinander verbunden. Dadurch hat sich die Bedeutung der Vogelfluglinie für den Skandinavien-Verkehr drastisch reduziert.

Zur Zeit werden die dänische Hauptstadt Kopenhagen und Malmö, Schwedens zweitgrößte Hafenstadt, durch die im Bau befindliche Öresund-Autobahnbrücke miteinander verbunden. Diese beiden Zentren sowie die Malmö benachbarte Universitätsstadt Lund sollen zu einem gemeinsamen Hochschul-, Pharma- und High-tech-Standort entwickelt werden. Zudem soll der Ausbau des Flughafens Kastrup auf eine Kapazität von etwa 20 Millionen Passagieren pro Jahr Kopenhagen zum Luftkreuz des Nordens machen. Hamburg droht damit eine Degradierung von Fuhlsbüttel (rund acht Millionen Passagiere) auf den Rang eines Zubringer-Airports.

Als ersten Schritt verabschiedeten die rund 180 Teilnehmer gestern in Lübeck eine Resolution, in der die Bildung stabiler Netzwerke von Kommunen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Gewerkschaften und Handelskammern angekündigt wird. Außerdem wolle man in der Umweltpolitik und bei der Raumplanung zusammenarbeiten, gemeinsame Verkehrsstrategien entwickeln und den virtuellen Informationsaustausch der Hochschulen verstärken.

„Wenn wir das schaffen“, hofft Simonis, „können wir ein Kraftzentrum innerhalb Europas werden.“ Sven-Michael Veit

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen