Abstimmung im Bundestag: Die erste Wahl ist „Eisenman II“
■ Mahmalentwürfe: 2.700 Betonpfeiler oder zwei zwölf Meter hohe Stelen
Zwei Tage vor der heutigen Abstimmung im Bundestag war endlich auch das Verfahren gefunden, wie abgestimmt werden soll. Erster Schritt: Soll überhaupt ein Mahnmal gebaut werden, und wem soll es gewidmet werden? Falls – wie erwartet – der Beschluß für einen Mahnmalbau gefaßt wird, steht der Vorschlag „Eisenman II“ zur Abstimmung an.
Er ist eine Modifikation des ursprünglichen Mahnmalentwurfs von Peter Eisenman und Richard Serra, der als Ergebnis des beschränkten Einladungswettbewerbs vom Sommer 1997 im November desselben Jahres erstmals präsentiert wurde. Bildhauer Serra zog sich nach Querelen und Abänderungswünschen der Auslober verärgert zurück.
Der Entwurf „Eisenman II“ , für den der New Yorker Architekt Peter Eisneman allein verantwortlich zeichnet, entspricht im großen und ganzen einer verkleinerten, in seiner Strenge etwas gemilderten Version des von beiden gemeinsam entwikkelten Modells. Rund 2.700 Betonpfeiler sollen auf dem 20.000 Quadratmeter großen Gelände in einem regelmäßigen Raster verteilt werden. Die Pfeiler sind zwischen einem und vier Meter hoch, ragen aber wegen der vorgesehenen Absenkung des Bodens nur bis zu 1,40 Meter über Straßenniveau.
Darüber hinaus stehen die Pfeiler nicht exakt vertikal, sondern jeweils leicht aus der Senkrechten verschoben. So entsteht der Eindruck eines „vom Wind bewegten Weizenfeldes“, wie es Peter Eisenman seinerzeit in einem Interview mit der taz formulierte. Die suggestiv-skulpturale Rauminstallation solle, so Eisenman, den BesucherInnen des Mahnmals eine Vorstellung davon vermitteln, „wie es sich anfühlt, wenn einem der Boden unter den Füßen schwankt“. Die Gestaltung der Wege zwischen den Pfeilerreihen tut ein übriges, um beim Betrachter Verunsicherung aufkommen zu lassen: Sie sind schmal, ihre größte Breite beträgt lediglich 90 Zentimeter – gerade genug, damit ein Mensch hindurchgelangen kann.
„Eisenman II“ wird von einer lockeren Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern eingerahmt und so von den umliegenden Straßenzügen rund um das Brandenburger Tor räumlich getrennt. Als ein Teil des Entwurfs ist auch ein Informationszentrum geplant, in dem Entwicklung und Ausmaß des Holocaust dargestellt werden sollen.
Es sind jedoch bei der Debatte und Abstimmung im Bundestag Änderungsanträge zugelassen. Auf diesem Weg wird mit größter Wahrscheinlichkeit das vom evangelischen Theologen Richard Schröder (SPD) in die Diskussion eingebrache Mahnmalmodell zur Abstimmung gelangen. Es besteht aus zwei zwölf Meter hohen stählernen Obelisken oder Stelen, in die in verschiedenen Sprachen, darunter auch in Hebräisch, die Worte „Du sollst nicht morden“ beziehungsweise nur „Nicht morden“ eingraviert werden sollen. Die Inschrift geht auf das fünfte Gebot Mose „Du sollst nicht töten“ zurück.
Unklar ist, ob Richard Schröder wirklich der Urheber des Entwurfs ist. In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung enthüllte kürzlich der Historiker Eberhard Jaeckel, mit Lea Rosh einer der Gründer der Initiative für ein „Mahnmal für die ermordeten Juden Europas“, daß dieses Modell unter der Kennummer „1092“ bereits 1994 in den Wettbewerb gelangte, wo es einstimmig ausjuriert wurde. Die Einreichung „1092“ firmierte damals unter „Rudi Warmuth (Frankfurt/ Main)“. U.C‚/B‘.
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