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Der Umzug der Unikate

Seit gestern kommen in der Hauptstadt nicht nur Umzugskisten an, sondern auch Pakete mit Daten. Sie fahren über virtuelle Autobahnen und parken im Keller  ■   Von Annette Rollmann

Ein Dutzend Augenpaare starren auf den leeren Bildschirm. „Ist alles noch im grünen Bereich?“ fragt eine Frau. Auf der Oberfläche verändert sich nichts. Doch dann passiert das, was man sonst nur von Raketenstarts aus dem Fernsehen kennt. Der Countdown flackert auf: 4, 3, 2, 1, 0, auf der Mattscheibe erscheint Parlakom Version 5.0, die Kurzversion für Parlamentskommunikation.

Der erste Datentransfer beim Umzug des Bundestages von Bonn nach Berlin hat geklappt. Unzählige Texte, Listen und Grafiken sind am Berliner Schreibtisch von Arnulf Lunze, dem Leiter der Projektgruppe Neue Informationssysteme, angekommen: „Für die Arbeitsfähigkeit des Bundestages ist dieser Teil des Umzuges mindestens genauso wichtig wie der Transport der Umzugskisten.“

Lunze und seine Daten bildeten gestern das Versuchskaninchen für den Datentransfer des Deutschen Bundestages. Rund 2.000mal wird er sich diesen Monat noch wiederholen. Lunzes Daten waren, doppelt verschlüsselt, Ende letzter Woche von den Festplatten in Bonn heruntergeladen worden. Anschließend spielten die EDV-Leute die Daten über ein Glasfaserkabel nach Berlin auf einen Server im Keller der Bunsenstraße. Dort parkten sie einige Tage.

Gestern nun öffnete Lunze feierlich einen weißen Umschlag, der das neue Kennwort und Paßwort enthielt, um dann mit ihnen das System zu aktivieren. „Alles in Ordnung. Meine 36 Megabyte Daten sind da“, stellte er fest.

Aus Sicherheitsgründen hatte der Bundestag diese umständliche Prozedur des Datentransfers beschlossen. „Es wäre zu unsicher, wenn jeder Abgeordnete seine Texte auf den Festplatten gelassen hätte oder gar mit Disketten im Jackett von Bonn nach Berlin umgezogen wäre“, erläuterte ein Mitarbeiter das „Entpacken“ der Daten. Ein weiterer Grund für die Trennung der Daten vom jeweiligen PC ist ein praktischer: Die Bundestagsabgeordneten, die sowohl vom Parlamentssitz Berlin wie auch von ihrem Wahlkreis aus arbeiten werden, können in Zukunft jederzeit an beiden Arbeitsplätzen auf ihr persönliches Datenpaket zugreifen. „Die müssen jetzt nicht mehr mit der Floppy disk herumfahren“, erklärte Lunze. Die Informationen würden nach Abschalten des PC nicht auf der Festplatte des Gerätes gespeichert, sondern auf dem Server. „Das ist für die Abgeordneten ein Quantensprung im vernetzten Arbeiten.“

Doch vor allem ist der Umzug der Daten der Umzug der Unikate. Schreibtische und Stühle könnte man theoretisch auch in Berlin kaufen. Bundesdaten, die man über Jahre angelegt hat, nicht.

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