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■ beiseiteLiebespartyauslese

Die Stadtentwicklung fordert ihren Tribut. Konzentrierten sich früher ein Großteil der Parties rund um die Leipziger und Wilhelmstraße, ist dort heuer nur noch ein Laden übrig: nämlich der Tresor, der womöglich auch zum letzten Mal zu einer Love Parade seine Tore öffnet. Wer es klassisch mag, sollte die Nacht dort beginnen. Und wie sollte es anders sein: Von Blake Baxter über Pacou bis zu Neil Landstrumm spielen dort alle, deren Platten Tresor Records auch im Programm hat; Platten, die genauso gerade und entschlossen rocken, wie es der Ruf des Ladens verspricht. Und wer verschnaufen muß, kann sich auch in den schönen Garten hängen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.

Ähnlich sieht es im BPitch Control meets Casino auf dem CityBack-Gelände an der Ecke Prenzlauer Allee/ Saarbrücker Straße aus. Von Ellen Alien und Miss Kittin über Electric Indigo und Heiko Laux bis zu George Morel legen nur DJs auf, die halten, was sie versprechen, nämlich den geraden Wumms. Bäume und zwitschernde Vögel kann der Hof hier zwar nicht bieten, aber wer will schon Natur, wenn es bröckelnde Mauern und Betonplatten zum Draufsitzen gibt! Ein paar hundert Meter weiter, in der Pfefferbank, ist eine der wenigen reinen Houseparties des Abends. Mit Steve Bug, Vincenzo, Armin und mitch. Und um das Programm der Gegend zu komplettieren und noch eine Größenordnung kleiner zu werden: Im nbi in der Schönhauser Allee 8 kann man Christine Lang und MC Looney Tunes beim Droppen von Drum 'n' Bass-Platten zuhören.

Die eigentliche Partymeile der Stadt zieht sich aber die Mühlenstraße herunter. Angefangen beim Maria am Ostbahnhof und Interference 99.Hier sollte hingehen, wer überhaupt nicht tanzen will. Es spielen Non Place Urbanfield und andere Fachkräfte der nicht-funktionalen Elektronik zum Lausch auf. Weiter geht es über das OstGut, wo ebenfalls gerader Techno lockt und unter anderem Johannes Heil ein Live Set spielen wird. Wer sich die volle Rave-Packung geben will, dem sei entweder die Arena ans Herz gelegt, wo Armand van Helden und Westbam Tausenden von Kids zeigen werden, wo Hammer und Meißel hängen. Oder der Spreespeicher an der Oberbaumbrücke, wo die diesjährige no ufos-Party stattfindet: Dort spielen Marc Spoon und Mijk van Dijk. no ufos sei vor allem denen noch einmal empfohlen, die auf einen Großrave gehen möchten, bevor das Jahrtausend sich dem Ende zuneigt. Es könnte ja sein, daß auch diese Form des Neunziger-Jahre-Jugendvergnügens sich bald von selbst erledigt hat und dann zeitgemäßeren Amusement-Praktiken Platz machen muß.

Am Sonntag nachmittag gibt es dann den Pflichttermin: Sven Väths Tresor Park. Stundenlang und mit Sauerstoffmaske. Womöglich auch zum letzten Mal, also hingehen! Und wer es noch schafft, sollte das Wochenende dann im WMF beenden, wo die Münchner Posse rund um das International DJ Gigolo Label von DJ Hell sich die Ehre gibt.

Ein bißchen Luft sollte man sich aber noch aufsparen, denn auch der Set von Richie Hawtin aka Plastikman im OstGut gehört eigentlich zu den Pflichtterminen für Raver, Rocker und Postraver. Die ganz Hartgesottenen pilgern dann zu guter Letzt Montag nacht ins SO36 zum Electric Ballroom und versiegeln sich das Faß. Tobias Rapp

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