: Der teuerste Paraguayer der Welt fällt kaum auf
■ Weil das Leben ungerecht ist, unterliegt Bayern-Stürmer Roque Santa Cruz mit Paraguay den schwachen Uruguayern. Nun muß er sich von der Copa America verabschieden
Buenos Aires (taz) – Das Leben ist ungerecht und gemein. Der Fußball auch. Da lief 60 Minuten lang alles wunderbar, und eigentlich schien alles klar zu sein. Schien. Am Ende hatte Gastgeber und Favorit Paraguay sein Viertelfinale bei der Copa America mit 3:5 im Elfmeterschießen (1:1) gegen Uruguay verloren. Im anderen Viertelfinale setzte sich nach dem Ausschluß zweier in der Vorrunde gedopter Spieler Mexiko dennoch mit 4:2 im Elfmeterschießen gegen Peru durch (3:3).
Auf Uruguay waren höchstens in Montevideo und Maldonado Wetten abgeschlossen worden. Und selbst da vermutlich nur vonden Schwiegermüttern der Kicker. Das Team zeigte in Asunción dann auch, daß die Vorurteile berechtigt sind. Zwar wirkt der kommende Trainer Daniel Passarella bereits im Hintergrund, doch der jungen Mannschaft fehlen die in Europa beschäftigten Profis und die Ideen. Es rannten zeitweise sieben Leute dem einen Ball hinterher, und jeder versuchte ihn mal zu treten. Dann schliefen die Spieler wieder in der eigene Hälfte fast ein. Stürmerhoffnung Marcelo Zalayeta wurde schmählich allein gelassen. Der dicke Trainer Victor Púa war mehrere Male fast einem Herzinfarkt nahe: Manchmal gerieten nämlich selbst Einwürfe zu Abenteuern.
Die Paraguayer war mehr als eine Stunde die klar bessere Mannschaft, hinten geschlossen, vorne variabel. Das 1:0 von Stürmer Miguel Benitez (14.) war richtig sehenswert: Er ließ im uruguayischen Strafraum zwei Abwehrspieler stehen, um dann den Ball mit Leichtigkeit ins rechte Eck rollen zu lassen. Immer wieder kam Benitez im Alleingang auf Uruguays Torhüter Héctor Carini zu, und es muß gesagt werden, daß der Mann offenbar einen großartigen Schutzengel hat.
Benitez' Sturmkollegen Roque Santa Cruz (17) wurden zwei Manndecker an die Seite gestellt, so daß er lediglich einmal aufsehenerregend auffiel. Er ist ja schon genug aufgefallen: Sein Wechsel zum FC Bayern ist der teuerste in der Geschichte des paraguayischen Fußballs. Mindestens sieben Millionen Dollar war den Bayern der Jugendliche wert. Angesprochen, ob sie auch Interesse an seinem 16jährigen Bruder hätten, witzelte Bayern-Präsident Franz Beckenbauer in Asunción: „Nein, wir haben gerade soviel Geld für einen neuen Spieler ausgegeben, daß wir nicht mehr können.“
Mit Santa Cruz haben die Bayern einen Torjäger geholt, der oft mit dem Argentinier Gabriel Batistuta verglichen wird: Er ist ein kreativer, vor allem ein kräftiger Spieler, der sich durchsetzen kann. Olimpia Paraguay aus Asunción machten seine Tore in der vergangenen Saison zum Meister. Santa Cruz ist einer, der im gegnerischen Strafraum gefährlich wird. „Tore schießen“, sagt er, „ist das schwierigste im Fußball.“ Er beherrscht sie: Mit drei Toren hatte er Paraguay zum Gruppensieg bei dieser Copa geschossen.
Doch als Uruguay mit einem Nachschuß von Zalayeta (64. Minute) den Ausgleich schaffte, sah man von Santa Cruz nichts mehr, und auch Benitez verschwand. Plötzlich bewegte sich auf paraguayischer Seite nur noch wenig, und Uruguay kam sowieso kaum über die Mittellinie hinaus. Ausgerechnet Benitez mußte dann beim Elfmeterschießen den Pfosten treffen und damit seine Mannschaft aus der Copa verabschieden. Verdient hat er das nicht. Verdient hat es die ganze Mannschaft nicht. Aber Gerechtigkeit gibt es im Fußball ohnehin nicht. Ingo Malcher
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen