: Ein Single muß baggern gehen
■ Die Telekom AG schweigt zu Gerüchten über Fusionsabsichten mit der spanischen Telefónica. Währenddessen kündigt France Telecom ihr Bündnis mit den Deutschen
Madrid/Berlin (taz) – Der Vorstand der Deutschen Telekom AG hat keine glückliche Hand bei der Suche nach einem strategischen Partner. Erst mußten die deutschen Manager zusehen, wie Olivetti ihnen das gewünschte Fusionsobjekt Telecom Italia vor der Nase wegkaufte. Nun will der bisherige französische Partnerkonzern France Telecom alle seine Aktien der Telekom AG bis Ende 1999 verkaufen. Ob der Konzern gerade dabei ist, in Gestalt der spanischen Telefónica einen Ersatz für das internationale Geschäft zu gewinnen, wollte die Telekom gestern nicht kommentieren. Der Wirtschaftsinformationsdienst Platow Brief hatte geschrieben, daß Gespräche zwischen der Telekom AG und Telefónica über eine mögliche Fusion liefen. Aus Madrid kam dazu ein klares Dementi: „Keinerlei Verhandlungen.“
Aus Sicht der Telekom würde nach Einschätzung von Analysten eine Zusammenarbeit mit dem spanischen Konzern durchaus Sinn machen – ließen sich doch die eigeneneuropäischen Aktivitäten durch Geschäfte auf dem amerikanischen Kontinent ergänzen. Dagegen erscheint das Dementi der Telefónica zunächst einleuchtend, denn Vorstandsvorsitzender Juan Vilalonga schaut wesentlich mehr nach Lateinamerika als nach Europa. Im amerikanischen Subkontinent gibt es kaum ein Land, in dem Telefónica nicht vertreten ist.
Das spanische Unternehmen zählt heute über 25 Millionen Anschlüsse in einem Gebiet mit 250 Millionen Einwohnern. 40 Prozent davon entfallen auf Lateinamerika. Der Gang ins Ausland, der vor neun Jahren mit dem Aktienkauf bei den Telefongesellschaften in Chile und Argentinien begann, bringt mittlerweile ein Viertel des Gesamtgewinnes ein. Am meisten interessieren Telefónica der interamerikanische Markt und die transatlantischen Verbindungen. Die im März 1998 eingegangene Kooperation mit MCI/ Worldcom ist ein Produkt dieser Geschäftsstrategie.
Ein Bündnis mit der Deutschen Telekom paßt deshalb nicht in das Konzernprofil. Denn in Europa selbst beschränken sich die Telefónica-Aktivitäten auf einen Aktienaustausch mit der Telefongesellschaft im Nachbarland Portugal, zaghafte Aktivitäten in Österreich und den Versuch, in Italien Fuß zu fassen.
Die Telekom AG dagegen steht unter Druck. Das bisherige Bündnis Global One zerbricht mit dem Aktienverkauf durch die France Telecom entgültig. Die Franzosen hatten die versuchte Akquise der Telecom Italia durch das deutsche Unternehmen als Affront gegen die ursprüngliche gemeinsame Strategie gewertet. R. Wandler/H. Koch
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