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20.000 demonstrieren für einen Neuanfang

■ Der von Milosevic gefeuerte Draskovic fordert den Rücktritt des Präsidenten

Vuk Draškovic, Chef der Serbischen Erneuerungsbewegung (SPO), hat am Samstag abend alle serbischen Parteien zur Zusammenarbeit für die „nationale Erlösung“ aufgerufen. An einem Programm zur „nationalen und staatlichen Rettung“ sollten nicht nur die Opposition, sondern auch die regierenden Sozialisten, Kommunisten und extremnationalistischen Radikalen mitwirken, sagte er vor mehr als 20.000 Anhängern in der zentralserbischen Industriestadt Kragujevac. Gleichzeitig verlangte er den Rücktritt des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Miloševic, wie die Belgrader Nachrichtenagentur Beta meldete.

Draškovic forderte die umgehende Bildung einer Übergangsregierung, die in drei bis sechs Monaten die Aufhebung der internationalen Sanktionen gegen Jugoslawien durchsetzen und freie Wahlen auf allen Ebenen vorbereiten sollte.

Draškovic führte schon einmal die Proteste gegen Miloševic an, wechselte dann aber ins Regierungslager. Als er sich während der Luftangriffe kritisch gegenüber Miloševic äußerte, mußte er seinen Hut nehmen. Erst am Donnerstag erging er sich zudem in Haßtiraden gegen Albaner.

Vorgestern nun warnte er vor der Gefahr eines Bürgerkrieges in Serbien. Er befürwortete die Kooperation mit dem Ausland, um die „Schande“, die im Kosovo geschehen sei, wiedergutzumachen und die sichere Rückkehr der dortigen Serben zu garantieren.

Draškovic lehnte erneut die Zusammenarbeit mit der demokratischen „Allianz für den Wandel“ ab. „Die sollen uns in Ruhe lassen“, zitierte ihn Beta. Draškovic warf dem Oppositionsbündnis vor, nur mit „Parolen Krieg zu führen“, was den eigentlichen Weg zur nationalen und staatlichen Rettung verbaue. Der Rücktritt sei nach all dem Leid, das dem serbischen Volk zugefügt wurde, und vor allem nach den Ereignissen im Kosovo notwendig, sagte Draškovic. Auch die „Verantwortung gegenüber dem Staat“ gebiete den Abgang von Miloševic. In der Menge wurden Transparente mit der Aufschrift „Nächste Station Den Haag“ gezeigt, eine Anspielung auf die Anklage des UN-Kriegsverbrechertribunals gegen Miloševic.

Der jugoslawische Generalstabschef Dragoljub Ojdanic warnte die Opposition unterdessen vor gewaltsamen Aufrufen zum Umsturz. Diejenigen, die zu einer gewaltsamen Ablösung der „legal gewählten“ Regierung aufriefen, hätten dafür nicht die Unterstützung des Volkes. dpa/taz

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