Mallorca will seine Urlauber loswerden

Weil die Strände überfüllt sind, sollen einige Hotels wieder abgerissen werden. Die neue Regionalregierung will den Tourismus auf der spanischen Insel zügeln. Ihr Motto: Klasse statt Masse  ■   Von Reiner Wandler

Madrid (taz) – Verstopfte Landstraßen, überfüllte Strände, die Kläranlagen und die Müllabfuhr an der Grenze ihrer Kapazitäten, die Hotels überbelegt, Touristen ohne Unterkunft werden von Pauschalanbieter LTU auf Campingplätze verfrachtet ... Urlaubsalltag Mallorca und den anderen balearischen Inseln von Mai bis Oktober. Die neue Inselregierung – ein Bündnis aus Sozialisten, Grünen und Nationalisten – möchte dem jetzt entgegensteuern. „Wir müssen umdenken“, ist sich der künftige Inselpräsident Francesc Antich sicher. Sein Motto für die nächsten vier Jahre lautet: Klasse statt Masse.

Im 30seitigen Programm des neuen Regierungsbündnisses, das nach 16 Jahren die konservative Partido Popular (PP) auf die Oppositionbank verweisen wird, nehmen der Tourismus und die Entwicklung der Inseln breiten Raum ein. Die 550.000 Betten – bei 760.000 Einwohnern – sollen behutsam abgebaut werden. Ein neues Bebauungsgesetz soll dabei nachhelfen. Es soll „die ländlichen Gebiete, die Landwirtschaft und die natürlichen Landschaften schützen“. Deshalb wird es künftig nur noch beschränkt Baugenehmigungen an der Küste geben – aber auch im Landesinneren. Bereits geplante Großprojekte wie die Siedlung in Ciutadella in Ibiza werden gestoppt. Alte Hotels werden zum Abriß freigegeben, ohne Neubauten zu erlauben. Lizenzen für Golfplätze gehören der Vergangenheit an, weil sie nicht nur Landschaft verbrauchen, sondern auch Unmengen an Wasser.

„Der Straßenbau wird nochmals überdacht, um weniger umweltschädliche Alternativen zu erarbeiten“, heißt es im Regierungsprogramm. Der Vorzug gelte künftig dem Zug und der Straßenbahn.

Acht Millionen Touristen besuchen jährlich die Balearen. Doch längst sind es nicht mehr nur die Bettenburgen, die die Insellandschaft verunstalten. Immer mehr Nordeuropäer haben ihren Erst- oder Zweitwohnsitz auf Mallorca oder Ibiza verlegt, allen voran die Deutschen. Mit 75.000 Haus- und Wohnungseigentümern sind sie die größte ausländische Gemeinschaft. 40.000 davon leben das ganze Jahr im Mittelmeerparadies. Um die daraus entstandene Grundstücksspekulation zu stoppen, wird künftig die Aufteilung von Ackerland in Kleinparzellen untersagt. „,Einen Schlußstrich ziehen und modernisieren‘ heißt die Tendenz, die selbst vom Hotel- und Gaststättengewerbe als auch von den großen Reiseveranstaltern verlangt wird“, sagt der künftige Tourismusminister der Regionalregierung, Celesti Alomar.

Der Präsident von Condor & Neckermann (C & N), Wolfgang Beeser, unterstützt die neue Politik: „Wir haben die Grenze erreicht. Die Inseln sind überfüllt“, erklärte er vergangenen Woche gegenüber der Regionalpresse. Auf sein eigenes Geschäft will Beeser dennoch nicht verzichten. Er kündigte eine Verdoppelung der C & N Kapazität an. Mallorca und Ibiza sollen künftig auch im Winter verstärkt angeboten werden.