Mehr Durchblick durch geschwärzte Seiten

■ Europäisches Gericht ermöglicht die teilweise Herausgabe von heiklen EU-Dokumenten. Grüne Fraktionschefin hatte Einsicht in internen Bericht über Waffenexporte eingeklagt

Freiburg (taz) – Lieber ein geschwärztes Dokument als gar keine Klarheit. Nach diesem Motto hat das Europäische Gericht erster Instanz (EuG) gestern die Transparenz in der EU verbessert. Auf Klage der grünen Fraktionsschefin im Europaparlament, der Finnin Heidi Hautala, wurde eine Entscheidung des EU-Ministerrats aufgehoben, der einen internen Bericht über Waffenexporte nicht herausgeben wollte.

Seit 1993 gilt auf EU-Ebene zwar der Grundsatz, daß die Öffentlichkeit „größtmöglichen“ Zugang zu den Dokumenten von Rat und Kommission erhält. Eingeschränkt wird der Anspruch jedoch durch zahlreiche Ausnahmen, deren Umfang nun Schritt für Schritt von den Gerichten in Luxemburg geklärt werden muß (siehe taz vom 18. 6. 98). Gestern wurde zum ersten Mal über einen Fall mit außenpolitischer Relevanz entschieden.

Angefordert hatte Hautala nämlich einen Bericht über den Export konventioneller Waffen in Nicht-EU-Staaten. Diesen Report wollte der EU-Rat aber nicht herausgeben. Ein Bekanntwerden des Inhalts könnte, so die Begründung, das Verhältnis der EU zu anderen Staaten gefährden. Angeblich wurde in dem Papier recht offen über die Menschenrechtssituation in bestimmten Käuferstaaten diskutiert.

Das EuG hob diese Entscheidung nun auf. Es akzeptierte zwar die politische Einschätzung des Rates, daß bestimmte Passagen des Reports für eine Veröffentlichung zu heikel seien. Vorgeworfen wurde dem Rat jedoch, daß er nicht eine teilweise Veröffentlichung in Erwägung gezogen hat. Künftig gilt nun die Regel: Bei heiklen EU-Dokumenten sollen einzelne Seiten entfernt oder bestimmte Passagen geschwärzt werden, um eine Veröffentlichung zu ermöglichen. Ein Schlupfloch aber bleibt: „Unverhältnismäßig“ viel Aufwand muß der Rat nicht treiben. Gegen das Urteil (Az: T 14/98) ist Berufung möglich.

Christian Rath