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„Man muß doch denken: So ein Wahnsinn“

■ Zentralisierung und Standardisierung lauten die Prinzipien, nach denen DaimlerChrysler strukturiert werden soll. Was das bedeutet, wird sich erst in einigen Jahren so richtig zeigen

Berlin (taz) – Umsatz sehr gut, Gewinn gesteigert, und auch der Integrationsprozeß bei DaimlerChrysler geht seit der Fusion Ende letzten Jahres flink voran, wenn man den Konzernspitzen Robert Eaton und Jürgen Schrempp und den konzerneigenen „Wechsel“-Managern glauben kann. Schneller sogar als geplant. 80 Prozent der Projekte seien zum Jahresende abgeschlossen, verkündete Eaton auf der Halbjahreskonferenz am Donnerstag in New York. Trotzdem macht die Führung weiter Druck: Erst kürzlich hat sie eine Weisung erlassen, die Reisen der leitenden Angestellten und Funktionäre – für Arbeiter kommt das Austauschprogramm nicht in Frage – zwischen Stuttgart und Detroit stärker zu kontrollieren: zuwenig meßbarer Erfolg und zuviel Austausch.

Kein Wunder, daß die konzerninterne Kritik an der Fusion nicht verstummt, auch wenn die öffentlichkeitswirksamsten Aufbegehrer gegen das neue Regime, eine Reihe von ehemaligen Chrysler-Topmanagern, den Konzern längst verlassen haben. Vor allem in den Planungs- und Ingenieursabteilungen macht sich Unruhe breit. „Wenn man mal innehält und sich zurücklehnt, muß man doch denken: So ein Wahnsinn“, sagt ein Sindelfinger Ingenieur, der nicht namentlich genannt werden will.

1,3 Milliarden Euro wollen Schrempp und Eaton künftig jedes Jahr einsparen. Und sie rechnen damit, diese Vorgabe bereit im laufenden einhalten zu können. Zentralisierung und Standardisierung lauten die Prinzipien, nach denen der Konzern neu durchstrukuriert werden soll. Als erstes sollen die Planungsbereiche zusammengelegt werden, die gerade zuvor erst dezentralisiert worden waren, um den einzelnen Werken weitgehende Autonomie zu gewähren.

„Das führt natürlich zu Nervösität bei den betroffenen Leuten“, erklärt Betriebsrat Gerd Rathgeb, der auch zu den Kritischen DaimlerChrysler-Aktionären gehört. „Zunächst wird es wohl nur personelle Verschiebungen geben, aber das ist erst der Anfang.“ Überhaupt schätze er, daß die „Auswirkungen der Fusion nicht in ein oder zwei, sondern erst in fünf bis zehn Jahren erkennbar“ sind.

So läuft die Produktion in den meisten Werken vorerst genauso weiter wie bisher. Nur daß in Sindelfingen 200.000 Getriebe für Chrysler gebaut werden. „Aber das ist ein Auftrag wie jeder andere“, so Rathgeb. „Anders wäre das, wenn die Teile vorher bei Chrysler selbst gebaut worden wären und wir jetzt nur dran wären, weil wir besser oder billiger sind.“ Aber bislang kaufte Chrysler in Japan, und so ist die firmeninterne Konkurrenz zumindest hier noch nicht so richtig zu spüren.

„Wenn die Standardisierung erst einmal greift, wird das schwieriger“, so Rathgeb. Bereits jetzt werde systematisch untersucht, was wertschöpfend ist und was nicht. Letzteres wird eliminiert. Beispiele gebe es bereits im neuen Werk in Rastatt. Am Ende des Prozesses sollen Fabriken stehen, die alle gleich aussehen, die – nach Verwertungsprinzipien – optimal organisiert sind, damit jeder immer gleich alles findet. Eine Struktur, die sich stark an die amerikanische Fabrikorganisation anlehnt, wo es kaum Facharbeiter gibt, sondern die meisten Beschäftigten in den Automobilwerken nur angelernt sind. „Was wir hier mit Gruppenarbeit versucht haben, nämlich die Arbeit anzureichern, stört da nur“, so Rathgeb. Parallel werden Betriebsteile wie die Reinigung, aber auch die Energieversorgung ausgegliedert. Und was das bedeutet, wird man schnell sehen: „Das sind bei uns ein Drittel der Beschäftigten.“ Beate Willms

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