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Das PortraitDer Youngster an der Spitze

■ Charles Kennedy

Mit 23 Jahren war er bereits der jüngste Abgeordnete im House of Commons, dem englischen Unterhaus. Am Montag wurde CharlesKennedy, mittlerweile 39 Jahre, in einer Urabstimmung zum neuen Vorsitzenden der Liberaldemokratischen Partei Großbritanniens gewählt. Er übernimmt damit die größte der kleinen Parteien. Durch das Mehrheitswahlrecht kommen die Lib Dems, wie sie in Engalnd genannt werden, gerade mal auf 46 der 659 Sitze im Parlament. In einigen Provinzen beherrschen sie jedoch die lokalen Versammlungen.

Charles Kennedy, der neue Vorsitzende der Liberalen Demokraten Foto: AP

Kennedy ist geboren und aufgewachsen in Schottland. Er studierte Politische Wissenschaft und Philosophie und ging 1981 mit einem Fulbright-Stipendium für ein Jahr in die USA, um gleich nach seiner Rückkehr ins Parlament einzuziehen. Schwierige Entscheidungen warten auf den neuen Vorsitzenden. Wie die FDP in Deutschland plagen die Lib Dems die Probleme einer kleinen Partei. Seit New Labour an der Macht ist, wird in Großbritannien so ziemlich die Politik umgesetzt, die die Liberal Democrats jahrelang forderten. Eine Richtungsentscheidung muss her, wollen die Demokraten nicht als bloßes Anhängsel der New Labour wahrgenommen werden. Blair und Ko. auf der linken Spur zu überholen und verstärkt Themen der sozialen Gerechtigkeit aufzugreifen ist eine Option. Kennedy wagte in seiner Antrittsrede eine Abgrenzung von Labour und warf der Regierung vor, „taub den Stimmen der Benachteiligten und Besitzlosen gegenüberzustehen“. Damit beendete er den von der Basis zunehmend mürrisch aufgenommenen Schmusekurs des bishergen Vorsitzenden Paddy Ashdown. In der Europafrage befürwortet Kennedy eine engere Anbindung an den Kontinent.

Das Zeug, seine Partei nach außen darzustellen, hat er. Den Auftritt in der Öffentlickeit hat er schon früh gelernt, als er der Rookie, der jüngste Abgeordnete, war. Auch im Fernsehen wird er des öfteren gesichtet. Neulich war er in der Schmacht-Show „I have Good News for You“ zu Gast. Bedenken, er müsse sich als Parteichef ein seriöseres Image zulegen, wischt er beiseite: „Ich glaube, ich bin zu sehr ein Draufgänger, als dass ich jetzt schon ein Langweiler sein könnte.“ Nach der Verkündung seines Sieges auf dem Höhepunkt seiner Karriere blickte er in die Zukunft und sagte: „Von jetzt an geht es nur noch bergab.“ Bernd Dörries

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