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Das PortraitAjatollah mit schwerem Erbe

■ Ajatollah Mahmud Haschemi Scharudi

Seinen Gegnern gilt er als „Iraker“ – und damit als natürlicher Feind. Tatsächlich ist Irans neuer Justizchef, der heute sein Amt antritt, eine Art Doppelstaatsbürger. Mahmud Haschemi Scharudi wurde vor 50 Jahren als Sohn iranischer Eltern im irakischen Nadschaf geboren. Dort lernte er den exilierten Ajatollah Chomeini kennen. Dessen Lehre brachte dem späteren iranischen Revolutionsführer die Ausweisung nach Frankreich ein, Scharudi führte sie wegen illegaler politischer Betätigung ins Gefängnis.

Ajatollah Mahmud Haschemi Scharudi, Irans neuer Justizchef Foto: rtr

Wieder auf freiem Fuß, zog es ihn 1979, nach der Islamischen Revolution, mit 31 Jahren in den Iran. Schnell verbesserte er seine anfangs nur rudimentären Persischkenntnisse und begann eine unauffällige, aber beständige Karriere als Theologe in der den Schiiten heiligen Stadt Qom. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher über islamische Jurisprudenz und stieg bis in den Feststellungs-, den Experten- und den Wächterrat auf, jene Machtinstitutionen, auf die die Regierung keinen Einfluß hat. Parallel engagierte sich Scharudi im Obersten Rat für die islamische Revolution im Irak.

Innenpolitisch gilt Scharudi bisher als eher farblose Gestalt. Wohlmeinende Stimmen halten ihm seine Parteilosigkeit zugute. Er werde den von seinem Vorgänger Mohammad Jasdi in zehnjähriger Amtszeit zur Trutzburg der Konservativen ausgebauten Justizapparat entpolitisieren, heißt es. Scharudi sei ein profilloser Kompromißkandidat, auf den sich Konservative und Moderate geeinigt hätten, um sich gegenseitig nicht weh zu tun, meinen andere. Das eigentliche Ereignis sei nicht Scharudis Amtsantritt, sondern Jasdis Abgang.

Viel Spielraum wird der Ajatollah, den sein schwarzer Turban als Nachfahre des Propheten Muhammad ausweist, nicht haben. Er ist direkt dem Religiösen Führer des Landes, Ali Chamenei, unterstellt, der Ikone der Konservativen. Der bezeichnete Scharudi bei seiner Ernennung am Samstag als „gebührende Person“ für das Amt des Justizchefs. Was das heißt, wird der Neue schon bald demonstrieren können. Noch in dieser Woche soll das Verfahren gegen 13 iranische Juden beginnen, angeblich israelische Spione, und am 28. August steht wieder der deutsche Geschäftsmann Helmut Hofer vor Gericht. Zwei schwere Erbstücke von Scharudis Vorgänger Jasdi. Der „Iraker“ wird es schwer haben, sich aus dessen Schatten zu befreien.

Thomas Dreger

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