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■ StandbildDickes Ding

„ARD-Exclusiv: Tonnenschwer durchs Nadelöhr – Mit einem Spezialtransport durch Deutschland“, Fr., 21.55, ARD

Die Augen glänzen weihnachtlich. Der selige Blick schweift in die Höhe. Erhabenheit ist schließlich nicht nur etwas für die Alpen. Auch die Freunde der „fischertechnik“ kennen den Wahnsinn und das Glück, wenigstens in Form zusammengeschraubter Maschinenträume. Gleich wird er um die Ecke kommen. Der reisende Reaktor, ein Stahldildo mit rund 8 Metern Durchmesser, 275 Tonnen Gewicht und eindrucksvollen 16 Metern Länge. Der Schwertransporter mit Godzilla-Ausmaßen und dem Tempo eines ägyptischen Zeremoniells in Technicolor, wird von so genannten Schwertransporttouristen mit andächtigem Staunen begrüßt. Die Stimme des Kommentators wird jetzt kehlig: „An der Stahlkullise entzünden sich Männerfantasien.“ Der Off-Ton belässt es bei diesem kurzen Ausflug auf ein Abstraktionsplateau, das so geräumig ist, dass sich Theweleit, Jünger und Marinetti hier in heiliger Beliebigkeit verbründern könnten.

Der Dokumentation „Tonnenschwer durchs Nadelöhr“ von Martin Zorn ist es weniger um graue Theorie als um die Begeisterung an sich zu tun. So ein „dickes Ding“ ist nun einmal eine geile Angelegenheit. So das wenig komplizierte Anliegen dieser ARD-Reportage (die sich nach kurzem Bemühem um tiefer gelegte Erklärungen offenherzig zur Euphorie eines durchschnittlichen Hobbytechnikers bekennt: Radaufhängungen, Achsenkonstruktionen, Zahlen). Und weil der Austausch von Statistik unter Maschinenfreunden einem Zungenkuss gleichkommt, darf man auch den Cheftrucker schnell zu Buddy küren. „Der alte Fuchs“, heißt es da mit fonetischem Handschlag.

Statt 12 Stunden dauert das Unterfangen 27: Eine Straßenlampe, diverse Bäume, zu eng stehende Häuser. Sie sind der Reiz am Hindernislauf dieses behäbigen Riesen. Giganten gehören eben doch nicht in den eigenen Vorgarten, sondern in die Staunformate des Fernsehens. Birgit Glombitza

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